AL12CR36

AS (2012) CR 36

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2012

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(4. Teil)

BERICHT

36. SITZUNG

Freitag, 5. Oktober 2012, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13017)

 

Danke sehr, Herr Präsident!

Ein großes Kompliment an die Berichterstatterin, die mit diesem sehr wichtigen Bericht sicherlich ein wenig über ihr liberales Herz gesprungen ist.

Wenn das Vereinigte Königreich über alle Fraktionsgrenzen hinweg einen wahren Sturmlauf gegen die Finanztransaktionssteuer macht, und das, obwohl es selbst eine viel höhere Transaktionssteuer hat, als die Europäische Kommission sie für Europa vorschlägt, zeigt dies, dass dringend etwas unternommen werden muss. Neun, wahrscheinlich sogar zehn Mitgliedsländer der Europäischen Union, darunter auch mein Land, werden die Transaktionssteuer nächstes Jahr einführen.

Wir werden das aus dem Grunde tun, damit die guten Geschäftsbanken und jene, die in Hochrisikobereichen tätig sind, voneinander getrennt werden, damit nicht jedes Mal der Staat dazu gezwungen wird, die Banken zu retten.

Mein Land hat 4,8 Milliarden Euro zur Bankenrettung beigetragen. Wer bezahlt dieses Geld? Es wird über Einsparungen, durch die Reduzierung von sozialen Leistungen finanziert. Aus diesem Grund – und dabei richte mich an die Schweizer Kollegin – hat das sehr wohl etwas mit Menschenrechten zu tun. Unser eigener Menschenrechtskommissar hat gesagt, dass überzogene Sparprogramme, wie etwa in Portugal, bereits zu Einschränkungen menschenrechtsgebundener sozialer Leistungen geführt haben.

Wie konnte das passieren? Am Anfang waren das nicht die Länder, sondern Fannie Mae, Lehman Brothers, die isländische Bank. Das Ganze hat deshalb begonnen, weil das Geld auf einmal nicht mehr da war, um Produkte, um Arbeit, um reale Wirtschaft zu finanzieren und die Banken erkannt haben, dass sie ein Geschäft in sich selbst sind.

Das alles hat sich mit Hochgeschwindigkeit abgespielt. Wenn die Hedgefonds heute siebenmal mehr Kapital als ganz Europa innehaben und jederzeit spekulativ eingreifen können, wenn die Banken in keinem unserer Mitgliedsländer zu minimalen Steuerleistungen verpflichtet werden, im Gegensatz zu den normalen Unternehmen und den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die man zu hohen Steuerleistungen zwingt, dann ist das nur ein Akt von Fairness und innerer Solidarität.

Es ist nicht wahr, dass dadurch hier Geschäfte abgezogen werden. Wenn Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Portugal, Griechenland, um nur einige zu nennen, nächstes Jahr diese Transaktionssteuer einführen, werden andere folgen.

Damit erhalten wir das Primat der Politik über die Finanzwelt zurück, denn in der Krise haben wir nur den Banken geholfen; wir haben an allen Stellen Löcher gestopft.

Ich gratuliere noch einmal zu diesem Bericht und werde ihn herzlich gerne hier heute unterstützen.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13017)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Zunächst möchte ich der Berichterstatterin gratulieren und ihr sagen, dass ich den Bericht unterstützen werde. Meiner Ansicht nach ist er sehr gut und kommt zur rechten Zeit.

Die Debatte um die Finanztransaktionssteuer läuft ja schon seit langer Zeit. Ich darf daran erinnern, dass der erste Vorschlag des Wirtschaftsnobelpreisträgers Tobin bereits 1972 gemacht wurde, also vor 40 Jahren. Während dieses Zeitraums wurde debattiert und es entstanden internationale Organisationen, wie die lange vor der Finanzkrise von 1998 gegründete ATTAC - über 50 000 Mitgliedern weltweit -, bei der auch ich selbst Mitglied war, lange bevor ich in einer Partei und hier im Parlament aktiv wurde. Aber nach der Finanzkrise von 2007-2009 sollte sich doch die Debatte deutlich beschleunigen.

Es waren die großen Blasen an den Finanzmärkten, die Entkoppelung der Finanz- von der Realwirtschaft, die letztlich zu den zentralen Ursachen der Finanzkrise gehörten, unter deren Auswirkungen ja noch immer sehr viele Menschen zu leiden haben. Natürlich ist die Finanztransaktionssteuer nicht die einzige Lösung, aber sie ist ein wichtiger Schritt, den wir mit dieser Resolution unterstützen sollten.

Ich bin etwas überrascht über die Argumente, die von den Gegnern der Finanztransaktionssteuer genannt wurden. Es wurde gesagt, da solle man doch die Winzer in Frankreich besteuern. Was sind das für Argumente? Ich glaube nicht, dass wir hier nur als nationale Interessensvertreter auftreten sollten. Wir sollten vielmehr als eigenständiges Gremium diskutieren und uns überlegen, ob diese Steuer, wie ich glaube, ein sinnvolles Instrument sein kann.

Auch wurde gesagt, wenn man diese Steuer weltweit einführen würde, könnte sie ja sinnvoll sein, aber da dies ja nicht der Fall sei, würde man dem Bericht nicht zustimmen. Aber auf diese Weise kommen wir nie zu einer weltweiten Einführung! Ich glaube, wir sollten sehr deutliche Zeichen setzen. Es ist richtig, dass jetzt einige Mitgliedssaaten der EU voranschreiten und eine verstärkte Zusammenarbeit eingehen, darunter auch mein eigenes Land, was mich besonders freut. Das sollten wir unterstützen.

Der frühere amerikanische Präsident Roosevelt hat einmal gesagt: „Vom organisierten Geld regiert zu werden, ist genauso schlimm, wie vom organisierten Verbrechen“. Ich fürchte, wir sind mittlerweile in einer Situation, wo wir teilweise so unter dem Druck der Finanzmärkte stehen, dass solche Aussagen wieder zitiert werden können.

Ich unterstütze ausdrücklich den Bericht. Die Linksfraktion wird ihm zustimmen.

Vielen Dank.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13009 und 12964)

Danke sehr, Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch von meiner Seite mein Kompliment für diese beiden Berichte.

Die Freiheit der Medien und der Lehre ist für jedes Land ein Gradmesser für die Reife der Demokratie. Immer wieder wird ja versucht, die Freiheit der Medien und der Lehre einzuschränken oder zu beeinflussen; wir kennen das alle.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir ein so klares Zeichen geben und die Autonomie der Hochschulen bekräftigen. Das große Ideal ist natürlich Alexander von Humboldt – das universelle Wissen und die universelle Wissensvermittlung. Das hat der Bologna-Prozess verändert.

Die Gefahr des Bologna-Prozesses ist die zu starke Verschulung der Hochschulen. Auch bei der Frage der Qualifikation der Lehrenden hat Bologna eine Einschränkung gebracht. Nicht jeder Lehrende braucht gleich eine universitäre Ausbildung, sondern ein enormes Vermittlungsvermögen. Hier brauchen wir eine Weiterentwicklung des Bologna-Prinzips.

Aber Bologna hat Mobilität für die Studierenden geschaffen, was ich für äußerst wichtig halte. Diese Mobilität im gesamten Raum unserer Mitgliedsstaaten müssen wir durch die Vereinfachung unserer Visa-Regime fördern. Stefan Zweig reiste Anfang der 1920er Jahre von Österreich über Indien nach Japan, dann in die USA und anschließend nach Frankreich, Deutschland und wieder zurück nach Österreich. Er war eineinhalb Jahre lang unterwegs und hatte noch nicht einmal einen Pass! Wir sollten bei den Austauschprogrammen für Studenten großzügiger sein, denn hier entstehen immer wieder große Probleme.

Nur zur Finanzierung der Hochschulen. Ich komme aus einem Land mitten in Europa, in dem es keine Studiengebühren und keinen Numerus clausus gibt. Natürlich entstehen dadurch für uns Probleme, doch wir verteidigen dieses System, denn Bildung muss frei zugänglich sein, auch wenn aus vielen anderen Ländern bildungswillige junge Menschen nach Österreich strömen. Wir müssen aber auch die bilinguale Lehre verstärken und dabei auf unsere neuen Minderheiten stärker Rücksicht nehmen.

Die Sozialdemokratie unterstützt diesen Bericht.