AL13CR11

AS (2013) CR 11

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2013

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(2. Teil)

BERICHT

11. SITZUNG

Montag, 22. April 2013, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

 

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

Fragen an Herrn Gilbert SABOYA SUNYE, Außenminister von Andorra, Präsident des Ministerrates

Danke sehr Herr Präsident!

Sehr geehrter Herr Außenminister!

Österreich kommt nach Armenien. Sie haben die Latte im Ministerrat hoch gelegt.

Zuerst eine Bemerkung: Man könnte auch mit der EU um weniger Gewicht verhandeln, und nicht Strukturen zum Europarat verdoppeln.

Noch eine andere Frage: Aus Belarus kommen doch sehr sanfte Signale von mehr Menschenrechten, ein wenig mehr Öffnung und Rechtsstaatlichkeit. Der Generalsekretär hat hier schon erste Schritte unternommen. Gibt es hier konkrete Schritte, diesen kleinen Frühling mit Belarus im positiven Sinne auszunutzen?

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

Beobachtung der Präsidentschaftswahlen in Armenien (18. Februar 2013)

(Dok. 13172)

 

Danke sehr Herr Präsident!

Ich bin kurzfristig für die erkrankte Frau Woldseth eingesprungen und möchte Folgendes sagen: Wir waren sowohl ein vierköpfiges Team in der Pre Electoral Mission als auch ein 22-köpfiges Team aus Kolleginnen und Kollegen im Februar in Armenien.

Vorab möchte ich sagen, dass diese Präsidentschaftswahlen die Demokratisierung, die schon durch den Regierungswechsel in Georgien eingeleitet wurde, ein großes Stück vorangebracht haben. Vor allem nach den Wahlen im Jahr 2008, die eine fürchterliche Situation hervorbrachten und auch im Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2012, bei denen wir feststellten, dass noch ein langer Weg bis zu wirklich freien und demokratischen Wahlen zurückgelegt werden musste, kann man sagen, dass diese Wahl ein großer Schritt in die richtige Richtung war.

95 % aller Wahllokale wurden durch internationale Wahlbeobachter beobachtet. In 92 von 106 Wahllokalen war man auch bei der Auszählung anwesend. In einem Land, in dem der Präsident einen Monat vor der Wahl sagte, dass er 70, 80 oder 90% der Stimmen als Wahlergebnis bekommen könne, letztlich aber nur 58% der Stimmen erhielt, zeigt dies, dass hier etwas passiert ist.

Anders als ODIR und OSZE hat unsere kleine, vierköpfige Pre Electoral Mission im Januar einen etwas kritischeren Bericht vorgelegt, der auch zu heftigen Diskussionen führte. Ich kann Ihnen nochmals versichern, dass es sich nicht um einen copy&paste-Brief handelte, sondern dass wir zu viert daran gearbeitet haben – Mailis Reps, Luca Volonté, Karen Woldseth und ich. Wir haben mehrere kritische Anmerkungen zum Wahlrecht gemacht: zu wenig Vertrauen der Bevölkerung in das Wahlrecht, das Problem, sich noch am selben Tag für eine Wahl registrieren zu lassen usw.

Das hat alles auch miteinander auch Wirkung gezeigt. Es gab zwar in 2-5 % der Fälle Beobachtungen wie mulitple voting, family voting oder proxy voting, das alles aber in einem so geringen Ausmaß, dass man hier wirklich von einer gut organisierten, freien und fairen Wahl sprechen konnte. 2,5 Millionen Wählerinnen und Wähler waren registriert. Am Wahltag haben sich noch 15.000 auf den so genannten additional lists eintragen lassen.

Insgesamt muss man mit Armenien allerdings auch weiter darüber diskutieren, wie die vielen Armenierinnen und Armenier im Ausland an den Wahlen teilnehmen können, wie das Vertrauen der Bevölkerung in das Wahlrecht aufgebaut werden kann, die Einführung einer echten Strafverfolgung gegenüber jenen, die versucht haben, die Wahlen zu manipulieren und ob das Gelddepot – jeder Kandidat muss eine relativ hohe Summe deponieren – noch zeitgemäß ist. Wir wissen, dass diese Diskussion mit Armenien nur schrittweise erfolgen kann.

Von den acht Kandidaten sind trotz des Schussattentats sieben angetreten. Die Wahl fiel zwischen zwei Kandidaten, dem amtierenden Präsidenten und seinem größten Herausforderer, der fast 38 % der Stimmen erhielt.

Wir und auch andere haben festgestellt, dass es sich alles in allem um eine faire Wahl handelte. Schade ist nur, dass, während wir mit ODIR zusammengearbeitet haben, die OSZE dort einen anderen Weg eingeschlagen hat.

Vielen Dank.

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 13169 und Dok. 13175)

Recht schönen Dank, Herr Präsident!

Liebe Kollegen Marcenaro und Schennach!

Ich möchte kurz und stichwortartig antworten.

Zu Belarus: Vor anderthalb Jahren war die Mutter eines jungen Mannes hier bei uns, deren Sohn und dessen Freund nach einem Prozess, der in keiner Weise rechtsstaatlichen Kriterien genügt, hingerichtet worden sind.

Wir stehen in dem Dilemma, dass es eigentlich nicht möglich ist, nach unseren Kriterien mit Regierungen und auch Personen umzugehen, die die persönliche Verantwortung für solche Hinrichtungen haben, die ja nach unserem Sinne Hinrichtungen von Unschuldigen sind, wenn es kein rechtsstaatliches Verfahren gab. Wir müssen einerseits zwar wieder Kontakt aufnehmen, dürfen aber andererseits doch nicht vergessen, was für eklatante Verstöße gegen unsere Werte damit stattgefunden haben.

Zum Kosovo: Wir konnten alle die atemberaubende Entspannung der Verhandlungen zwischen den Vertretern von Serbien und Kosovo sehen. Doch wie wir alle wissen: Die Unterzeichnung ist das Eine, die Umsetzung ist das Andere. Ich hoffe, dass wir nicht wie in Bosnien wieder eine Situation bekommen, in der sich möglicherweise verschiedene Landesteile gegenseitig blockieren können. Das ist meine Sorge, die ich bei der Umsetzung habe. Ansonsten freue ich mich sehr, dass für beide damit der Weg in Richtung EU ein Stück weiter gegangen werden kann.

Nun zu den Wahlen in Armenien: Die Bewertung unserer Seite und auch von ODIR sind sehr positiv. Ich möchte auf einige Punkte hinweisen, auf die uns armenische Nicht-Regierungsorganisationen aufmerksam machen.

Unsere Wahlbeobachtungsmission, insbesondere die kurzfristige Wahlbeobachtung, hat das Problem, dass sie nur auf einen kleinen Ausschnitt der Wahl an sich schaut. Es handelt sich oft um sehr klinisch reine Prozesse und es ist uns verwehrt, das Davor zu sehen, also die subkutaneren Beeinflussungsmöglichkeiten: Sind staatliche Medien genutzt worden, um die Menschen zu beeinflussen? Sind staatliche Ressourcen im Wahlkampf eingesetzt worden? Hat es Druck auf staatliche Angestellte oder militärische Institutionen gegeben? Oder hat es Manipulationen im Wahlregister gegeben? Das alles kann nur ODIR mit seiner Langzeitbeobachtung leisten.

Ich bin sehr unglücklich darüber, dass OSZE und ODIR bei dieser Wahlbeobachtung nicht mehr zusammen gegangen sind.

Für uns muss gelten, dass wir um die Beschränktheit unseres Urteils ohne die Langzeitbeobachtung wissen. Dafür ist ODIR auch für zukünftige Missionen ein unverzichtbarer Teil.

Viola von CRAMON-TAUBADEL, Deutschland, SOC

(Dok. 13169 und Dok. 13175)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Bevor ich auf die armenischen Präsidentschaftswahlen eingehe, möchte auch ich meiner Freude über den historischen Kompromiss, der am Wochenende für den Kosovo gefunden wurde, hier Ausdruck verleihen.

Selbst wenn wir als Europarat nicht aktiv beteiligt waren, hoffe ich doch sehr, dass wir im weiteren Verlauf des Versöhnungs- und Friedensprozesses dort eine sehr aktive Rolle spielen können.

Bei der Bewertung der armenischen Präsidentschaftswahlen durch die Delegationsleitung – Stefan Schennach hat es uns vorgestellt – zeigt es auch dieses Mal, dass die Wahlen in Armenien sowohl Licht- als auch Schattenseiten hatten.

Der Bericht zeigt eine Reihe von substantiellen Verbesserungen: Das gute Wahlgesetz, ein faires Medien-Umfeld, wobei auch das von einigen natürlich schon wieder in Frage gestellt wurde, aber auch die Versammlungsfreiheit - jedenfalls im Vergleich mit 2008. Am Wahltag selbst war es ruhig und friedlich.

Dennoch erkennt der Oppositionskandidat das Wahlergebnis nicht an, denn wie auch bei früheren Wahlen ist es in unterschiedlichen Gebieten zu den klassischen Wahlfälschungen gekommen. Hierzu zählen der unzulässige Einsatz von administrativen Ressourcen (Sie wissen sicher ganz genau, was damit gemeint ist, und falls nicht, kann man das genau definieren), Beeinflussung von Wählern durch Stimmenkauf und Einschüchterung, Mehrfach-Wählen oder Manipulationen bei der Auszählung.

Besonders beunruhigend finde ich allerdings – und genau darauf beruft sich auch die Opposition –, dass es in Armenien eine große Anzahl von Abweichungen bei der Wahlbeteiligung gegeben hat. So konnten insbesondere die Wahllokale, in denen viele lokale Wahlbeobachter aus der lokalen Zivilgesellschaft anwesend waren, teilweise 25% weniger Wahlbeteiligung notieren als jene ohne Wahlbeobachter - und das, obwohl sich beide Wahllokale teilweise in demselben Gebäude befanden!

Das heißt, diese Wahlen wurden aus meiner Sicht durch die künstlich gesteigerte Wahlbeteiligung entschieden. Und genau das zeigt sich vor allem daran, dass der Amtsinhaber, Präsident Sarkissian, vor allem in diesen Wahllokalen mit überdurchschnittlich hoher Beteiligung auch die besten Ergebnisse erzielte - teilweise Traumergebnisse, z.T. gar 95%. Dieses Phänomen wurde aus Sicht vor allem der European Plattform für Democratic Election (EPDE) leider zu wenig hier zur Kenntnis genommen.

Ein weiterer, immer wieder strittiger Punkt in Armenien und in einigen anderen postsowjetischen Ländern, ist die Zahl der Wahlberechtigten. Seit langem steht Armenien im Verdacht, durch kurzfristige Nachmeldungen auf Wählerlisten manipuliert zu haben - das wurde von Herrn Schennach kurz erwähnt. Auch über die tatsächliche Zahl der Wahlberechtigten herrscht keine Klarheit.

Daher würde ich doch noch nicht unbedingt den Vergleich mit Georgien wagen; ob die Demokratisierung, die wir jetzt in Georgien gesehen haben, wirklich vergleichbar ist mit dem, was wir in Armenien vorfinden, ist nicht ganz sicher.

Ich hab den Eindruck, dass wir in Georgien schon einen echten politischen Wettbewerb finden. In Armenien ist es dagegen teilweise noch so, dass die Leute sich ins Parlament wählen lassen, um ihre kommerziellen Interessen zu schützen und weniger, um sich einer programmatischen Auseinandersetzung zu stellen.