AL13CR12

AS (2013) CR 12

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2013

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(2. Teil)

BERICHT

12. SITZUNG

Dienstag, 23. April 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13160)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Frau Durrieu,

Sie haben einen sehr guten Bericht vorgelegt, der meines Erachtens in der Ausrichtung genau die richtige Balance zur Entwicklung in der Türkei findet.

Wohin sich die Türkei entwickelt, ist ja eine sehr interessante Debatte, die überall in Europa geführt wird. Es gibt dazu es sehr viele unterschiedliche leidenschaftliche und emotionale Einstellungen. Die Entwicklung in der Türkei ist sehr widersprüchlich.

Ich war mit Frau Durrieu Wahlbeobachter in den kurdischen Gebieten in der Türkei, wo wir selbst widersprüchliche Erfahrungen bei der Wahl gemacht haben: Auf der einen Seite gab es eine gut organisierte Möglichkeit, im Gefängnis zu wählen, was nicht in allen europäischen Ländern der Fall ist. Andererseits sahen wir aber auch, dass in manchen Wahllokalen Polizei und Militär anwesend waren.

Ich selbst war in den letzten 3 Jahren zehnmal in unterschiedlichen Funktionen in der Türkei: für den Europarat, als Berichterstatter meiner Fraktion im Bundestag für die Beitrittsverhandlungen zur EU. Auf der einen Seite habe ich große Fortschritte gesehen, die hier auch benannt werden. Auf der anderen Seite gibt es auch Rückschritte, gerade im Bereich der Menschenrechte.

Das hat unter anderem auch dazu geführt, dass der Bericht der Europäischen Kommission im letzten Herbst der kritischste seit den Beitrittsverhandlungen war.

Ich möchte daran erinnern, dass nach wie vor acht der im Juni 2010 gewählten Abgeordneten in den Gefängnissen der Türkei sitzen. Ich selbst habe drei besucht: Selma Irmak in Diyarbakir, Faysal Sarıyıldız in Mêrdîn und Mustafa Balbay in der Nähe von Istanbul. Sehr viele mit Zweidrittelmehrheit gewählte Bürgermeister von Großstädten befinden sich ebenfalls im Gefängnis. Auch mit diesen Realitäten müssen wir uns auseinandersetzen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Sache ansprechen, die mich in den letzten Tagen sehr schockiert hat: Der deutsch-türkische Schriftsteller Dogan Akhanli, ein persönlicher Freund von mir, der sich intensiv mit der Geschichte des armenischen Völkermordes aus türkischer Perspektive auseinandergesetzt hat, ist wieder vor Gericht gebracht worden. Ihm droht lebenslange Haft. Das ist ein Teil der widersprüchlichen Aspekte, die oben schon angesprochen wurden.

Der Bericht ist gut und meine Fraktion wird ihn unterstützen.

Vielen Dank.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 13160)

Vielen Dank, Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich ganz herzlich der Berichterstatterin danken; sie hatte wirklich eine schwierige Aufgabe vor sich.

Ich selbst war letzten Herbst zu politischen Gesprächen in Ankara und Istanbul und möchte mich an dieser Stelle herzlich für die Gastfreundschaft bedanken, die wir dort erfahren haben. Auch war ich beeindruckt von dem Wirtschaftswachstum und der Dynamik, die wir spüren konnten.

Eine grundsätzliche Vorbemerkung zum Monitoring bzw. Post-Monitoring als solches: Es ist meines Erachtens sehr wichtig, dass beides immer als Chance verstanden wird, denn es geht ja nicht darum, dass der Europarat etwas gegen ein Land hat. Weil wir die Menschen, die Zivilgesellschaft in unseren Nachbarländern schätzen, müssen wir die Probleme offen aussprechen, das ist das Kernstück des Monitorings.

Bei der Türkei möchte ich mit einem Lob beginnen: Die Türkei war das erste Land, das die Istanbul Convention unterzeichnet hat. Da kommt gut zum Ausdruck, dass es in den jeweiligen Prozessen Licht und Schatten gibt.

Gleichwohl darf Kritisches nicht vergessen werden: die Verurteilung des Musikers Fazil Say wegen zweier Twitter-Botschaften. Wir sind uns wohl einig, dass in einem demokratischen und säkularen Rechtsstaat Meinungsäußerungen nicht zu solch schweren Vorwürfen, vor allem aber nicht zu langen Haftstrafen führen dürfen.

Erschreckend ist auch die Inhaftierung von Journalisten. So meldete Reporter ohne Grenzen Ende Februar diesen Jahres 71 inhaftierte Journalisten und Medienmitarbeiter, darunter mindestens 39 aufgrund ihrer journalistischen Arbeit. Das zeigt, dass es noch weiterer Reformen bedarf.

Entscheidend ist die Reform des türkischen Justizsystems. Daher begrüße ich die Verabschiedung des 3. und 4. Paketes zur Justizreform. Gleichwohl muss die Definition von Straftatbeständen insbesondere in Bezug auf Terrorismus eng gefasst sein. Auch muss eine Kürzung der übermäßig langen Dauer der Untersuchungshaft und eine Beschneidung der Rolle von Sondergerichten erfolgen.

Angesprochen wurde auch, dass die bisherige Auslegung der Terrorgesetze nicht einheitlich war. Sie war leider nicht im Einklang mit den Auslegungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Mein Fazit: Der Bericht braucht selbstverständlich eine breite Mehrheit. Wir können das Post-Monitoring leider noch nicht schließen, unterstützen aber die Türkei in ihren Bemühungen.

Vielen Dank.

Amendments

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13160, Amendment 12)

Vielen Dank Herr Präsident!

Es wurde von vielen Rednern der Friedensprozess erwähnt, den wir unterstützen sollten.

Wir haben das auch um Ausschuss sehr intensiv diskutiert und der Änderungsantrag zielt darauf ab, dass wir bezüglich des Konflikts zwischen PKK und Türkei eine möglichst neutrale Formulierung verwenden.

Deswegen schlagen wir vor, von 40 000 Toten aufgrund dieses Konfliktes zu reden und nicht nur aufgrund von Terrorismus.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13160, Amendment 23)

Herr Präsident!

Dieser Änderungsantrag bezog sich auf eine alte Formulierung. Ich würde ihn gern zurückziehen, weil er nicht mehr notwendig ist.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13160, Amendment 17)

Hier geht es um das Gesetz Nr. 5233. Es richtet sich in seinem Titel gegen Terrorismus und die durch den Kampf gegen den Terrorismus entstandenen Schäden. Wir haben es auch in der Resolution in Punkt 7.7 auch so benannt: law of compensation for damage arising from terrorism and from the measures taken against terrorism. Wir sollten hier den vollständigen Titel anwenden.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13160, Amendment 8)

Dieser Änderungsantrag verkehrt den Bericht eigentlich in sein Gegenteil, nämlich, das Post-Monitoring-Verfahren zu schließen. Wie wir in der Debatte festgestellt haben, ist die Entwicklung in der Türkei widersprüchlich. Wir sollten den Post-Monitoring-Dialog beibehalten und der Türkei helfen, an fortschrittliche Entwicklungen anzuknüpfen und sie fortzusetzen.

Viola von CRAMON-TAUBADEL, Deutschland, SOC

Fragen an Herrn Bidsina IWANISCHWILI, Premierminister der Demokratischen Republik Georgien

Herzlichen Dank.

Herr Premierminister,

ich hatte unlängst die Möglichkeit, durch Ihr Land zu reisen und hatte durchweg einen positiven Eindruck. Die ersten Erfolge Ihrer Regierungsarbeit sind in der Tat sichtbar. Mich würde jetzt interessieren, welche Post-Kohabitations-Narrative Sie jetzt entwickeln, um nach Oktober Ihre politischen Ziele möglicherweise noch ambitionierter umsetzen zu können.