AL13CR17 |
AS (2013) CR 17 |
Provisorische Ausgabe |
SITZUNGSPERIODE 2013
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(2. Teil)
BERICHT
17. SITZUNG
Donnerstag, 25. April 2013, 15.30 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Alev KORUN, Österreich, SOC
(Dok. 13161 und 13163)
Danke vielmals, Herr Präsident!
Ich möchte mich eingangs für beide Berichte und die gute und differenzierte Diskussion in der Ausschusssitzung bedanken und mich auf den ersten Bericht „Frontex: human rights responsibilities“ konzentrieren.
Das ist für uns alle ein sehr wichtiges Thema, weil es für die Betroffenen manchmal buchstäblich um Leben und Tod geht. Hier möchte ich konkret die schlimme Situation im Mittelmeer ansprechen. Wie wir alle wissen, wird geschätzt, dass jährlich bei dem Versuch, die EU zu erreichen, über 1000 Menschen ertrinken, verdursten oder auf eine andere Weise ums Leben kommen.
Diese Situation ist unerträglich und nicht hinnehmbar. Wir müssen uns der Verantwortung sowohl der Frontex, als auch der gesamten Europäischen Union und der Mitgliedsstaaten gewahr werden.
In den letzten Jahren haben Menschenrechtsorganisationen, viele Aktivistinnen und Aktivisten, sowie Betroffene, denen es gelungen ist, die EU zu erreichen oder ihre Stimme zu erheben, kritisiert, dass die Mitgliedsstaaten die Verantwortung auf Frontex abschieben, da diese ja jetzt für den Grenzschutz zuständig ist.
In den letzten Jahren wurden sehr wohl von der EU als auch von der Frontex Anstrengungen unternommen, dieser Kritik gerecht zu werden. Es wurden Maßnahmen ergriffen, die im Bericht aufgezählt werden und die ich an dieser Stelle nicht wiederholen möchte.
Doch ist noch ein langer Weg zu gehen; auch diese Tatsache hat der Berichterstatter unterstrichen. Wir müssen alle darauf achten, dass der angefangene Weg weitergegangen wird und die angekündigten Maßnahmen transparent umgesetzt werden. Sehr wichtig ist auch, dass die Monitoringmechanismen gestärkt und effizient gestaltet werden, wie es im Bericht als Wunsch und als Forderung genannt wird.
Alle Mitgliedsstaaten sind verantwortlich, sowohl die der EU als auch jene des Europarates. Wenn man sich zur Genfer Flüchtlingskonvention bekennt, und das ist ja der Fall, dürfen die Grenzen nicht geschlossen werden, weder durch die Frontex noch durch andere Maßnahmen. Asylrecht und Schutz zu gewährleisten heißt natürlich auch, die Grenzen für Menschen, die auf der Flucht sind und Schutz brauchen, offen zu halten.
In diesem Sinne, vielen Dank für die beiden Berichte und die gute Arbeit, die Sie geleistet haben.
Annette GROTH, Deutschland, UEL/GUE
(Dok. 13161 und 13163)
Frau Vorsitzende!
Auch ich möchte den Berichterstattern herzlich danken für die ausgezeichneten Berichte und insbesondere für die vielen konkreten Maßnahmen, die gerade im Frontex-Bericht aufgezeigt werden, um Frontex auf die Einhaltung von internationalem Recht und den Schutz der Menschenrechte von Flüchtlingen zu verpflichten. Die größte Herausforderung besteht wohl in der Umsetzung dieser Verpflichtung.
Frontex ist ein Instrument für die Grenzsicherung und sicherlich nicht geeignet, um Migration und Flucht grundsätzlich zu stoppen - im Gegenteil. Die Evros-Region zwischen Türkei und Griechenland ist durch einen Zaun dichtgemacht worden, den die Delegation des Migrationsausschusses bei ihrem Besuch im Januar sehen konnte. Daher sind die Menschen nun gezwungen, weiter in die Türkei hinein bis zur Küste zu fahren, auf kleine Boote umzusteigen und durch die Ägäis zu fahren, bis sie auf Lesbos oder anderen Inseln an Land gehen können.
Ich war gerade auf Lesbos und konnte dort das Flüchtlingselend sehen. Da Unterbringungsmöglichkeiten fehlen, schlafen die Menschen unter freiem Himmel, darunter Kinder, Schwangere und Kranke.
Frontex ist in dieser Region nicht mehr mit einem Boot präsent, sondern nur mit einer Offizierin. Vorher gab es dort einen männlichen Frontex-Angehörigen auf einem Schiff, der nach glaubwürdigen Aussagen in zwei Fällen die Nationalität von Flüchtlingen geändert hat: So wurden aus Afghanen auf einmal Iraner - Iraner dürfen aus Griechenland abgeschoben werden, Afghanen nicht! Die jetzige Frontex-Offizierin hat diese Änderung der Staatsangehörigkeit der Flüchtlinge wieder rückgängig gemacht.
Wir lehnen das Dublin II-System ab und fordern stattdessen eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge, zumal die Flüchtlingszahlen durch die Lage in Syrien noch steigen werden. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen Flüchtlinge entsprechend ihrer eigenen Bevölkerungszahl aufnehmen. Es ist absolut nicht zu verantworten, dass wir diese Verantwortung auf die Peripherieländer wie Griechenland und andere Staaten im Osten der EU verlagern. Das entspricht nicht dem Menschenrechtsauftrag des Europarats.
Ich hoffe, dass die im Bericht eingeforderten konkreten Maßnahmen zur Sicherung der Menschenrechte tatsächlich verwirklicht werden und wünsche den Berichten große Verbreitung und breite Unterstützung.
Dankeschön.
Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dok. 13161 und 13163)
Dankeschön, Frau Vorsitzende!
Ich bedanke mich bei den Berichterstattern. Mit diesem Thema schließen wir nahtlos an die Debatte dieses Vormittags an. Wie können wir in der Diskussion Migration und Asylsuchen auseinanderhalten? Ich weiß, dass die beiden Ströme sich mischen.
Die wichtigste Frage ist jedoch, wie wir ein Rechtssystem schaffen, in dem Asylsuchende ihr Menschenrecht, Asyl zu suchen, auch tatsächlich umsetzen können. Wo kann man heute noch an einer Außengrenze tatsächlich einen Asylantrag abgeben? Und wenn man das denn geschafft hat, wird oft Recht vorenthalten; in meinem Land warten jene, die ihren Antrag abgeben konnten, über zehn Jahre und länger auf ihren Bescheid.
Nach Jahren, wenn die Kinder vielleicht schon in die Schule gehen, wird plötzlich entschieden, den Antrag abzulehnen. Dann kommt die Polizei, holt sechsjährige Kinder aus Schulklassen und schiebt sie ab. Und was geschieht mit unbegleiteten Minderjährigen? Es ist unglaublich schwierig, hier den Menschenrechten tatsächlich zur Durchsetzung zu verhelfen.
Erst unlängst habe ich daran erinnert, dass einmal eine mutige Regierung in Europa, nämlich die Regierung Zapatero, eine Generalamnestie für Zugewanderte beschloss, egal ob legal oder illegal. Das war der mutigste Schritt, den je eine europäische Regierung unternommen hat, und ich habe größten Respekt davor.
Auch wenn die Situation auf Lampedusa oder den Kanarischen Inseln sehr schwierig ist - nirgendwo kristallisieren sich die Zuwanderungsprobleme so wie in Griechenland und der Türkei. Trotz der Lage meines Landes in der Mitte Europas und seiner langen Ostgrenze finden die meisten illegalen Grenzüberschreitungen in Italien und Deutschland statt. Das zeigt, dass die oft geäußerte Aussage, der Druck komme vor allem aus dem Osten, zu relativieren ist.
Das Dublin-Abkommen ist wirklich infrage zu stellen, denn immer wieder führt es bei der Rückführung zu Härten. Besonders bedenklich finde ich die Abschiebehaft für Menschen, die nichts verbrochen haben. Flüchtlinge kommen in Kasernen, in Anhaltelager. Diese Dimension zeigt der Bericht auf.
Frontex und die EU-Grenzen trennen unser Europarats-Europa. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit dieser Frage besonders genau und verantwortungsbewusst umgehen.
Nochmals vielen Dank für die Berichte.