AL14CR7

AS (2014) CR 7

 

Provisorische Ausgabe


SITZUNGSPERIODE 2014

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(1. Teil)

BERICHT

7. Sitzung

Donnerstag, 30. Januar 2014, 10.00 Uhr

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

 

(Dringlichkeitsdebatte, Das Funktionieren der demokratischen Strukturen in der Ukraine, Dok. 13405)

Danke!

Zunächst möchte ich als neuer Vorsitzender des Monitoring-Komitees den beiden Berichterstatterinnen ausdrücklich für ihre Arbeit danken. Sie waren bis spät in die Nacht tätig, haben mit der Ukraine telefoniert und die letzten Nachrichten verfolgt, um die allerletzten Entwicklungen in den Bericht einarbeiten zu können.

Ich bitte die Versammlung um Entschuldigung dafür, dass das Komitee mehrheitlich entschieden hat, heute Morgen über Resolution und Recommendation abzustimmen, da die Mitglieder des Komitees alle bei der Abstimmung dabei sein wollen.

Ich teile Herrn Popescus Meinung, dass dies eine große Stunde des Europarats ist, denn es handelt sich hier um ein Mitgliedsland, – die Ukraine gehört zwar nicht zur EU, wohl aber zum Europarat.

Wir dürfen nicht zulassen, dass irgendwo wieder ein Ost-West-Konflikt einen Frontstaat aufbaut. Es darf auf dem Boden der Ukraine nicht zu einem Ost-West-Konflikt kommen! Deshalb wäre einer der Vorschläge, eine Äquidistanz herzustellen, eine Neutralität sowohl in wirtschaftlichen als auch militärischen Fragen. Hier ist der Europarat gefordert, denn es geht hier um ein Mitgliedsland.

Ich komme aus einem Land, das mit der Neutralität, in die seinerzeit ebenfalls Moskau eingewilligt hat, seine gesamte gute Entwicklung genommen hat.

Zum Schluss appelliere ich an alle, die auch kritisch gesprochen haben: Geben Sie dieser Resolution und der Draft Recommendation heute eine Chance. Vielleicht können Sie, Herr Papadimoulis, Ihre Kritik zumindest in eine Enthaltung ihrer Gruppe umwandeln, sodass die beiden bedeutenden Dokumente der beiden Berichterstatterinnen hier eine Mehrheit bekommen.

Danke.

Anne BRASSEUR, Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

(Ansprache von Herrn Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich)

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Ich möchte mich sehr herzlich bei Ihnen für Ihr Engagement und bei den Österreichern für die gute Arbeit bedanken, die sie bei dieser Präsidentschaft leisten, die zu einem Zeitpunkt kommt, der für keinen von uns einfach ist – alle unsere Mitgliedsstaaten haben große Probleme.

Ebenfalls möchte ich mich bei Ihrem Botschafter, Herrn Lennkh, bedanken, der als Präsident des Ministerkomitees eine hervorragende Arbeit leistet. Ich freue mich sehr über diese Zusammenarbeit.

Auch möchte ich Ihnen sagen, dass die Österreicher stolz auf die parlamentarische Vertretung in diesem Hause sein können. Die Mitarbeiter aus Ihrem Parlament tun hier sehr gute Arbeit.

(weiter auf Französisch)

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

Ansprache

Sehr verehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung!

Erlauben Sie mir zunächst, mich zu bedanken für die Gelegenheit, hier, bei der Parlamentarischen Versammlung, noch einmal zum Ausdruck zu bringen, was die Präsidentin dankenswerterweise so freundlich bei ihrem Eingangsstatement gesagt hat. Die Rolle des Europarats, seine Aufgaben und Herausforderungen haben für mich und für uns gemeinsam in diesen doch nicht einfachen Zeiten eine besondere Bedeutung.

Österreich fühlt sich daher als Vorsitzland des Europarates vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts besonders verpflichtet, an dem Friedensprojekt Europa aktiv mitzuarbeiten. Da hat die Funktion des Europarates eine herausragende Bedeutung.

Erlauben Sie mir aber auch, zu sagen, dass ich als österreichischer Bundeskanzler stolz darauf bin, dass hohe und höchste Funktionen des Europarates auch in der Vergangenheit mit großem Engagement von Österreichern bekleidet wurden. Besonders nennen möchte ich da etwa Peter Schieder, einst Präsident der Parlamentarischen Versammlung. Es steht also in einer österreichischen Tradition, dem Europarat den gebührenden Respekt zu erweisen und seine besondere Bedeutung anzuerkennen.

2014 ist ein Jahr in vielen Bereichen historischer Rückbesinnung in Europa und in der Welt. Mit dem Jahr 1914 begann das Zeitalter der Kriege und der millionenfachen Morde, ein Zeitalter von Unrecht und Diktatur.

Vor 75 Jahren begann mit Hitlers Aggressionskrieg gegen Polen der Zweite Weltkrieg. Dieser Krieg und der Holocaust waren aus meiner Sicht die größte Menschheitskatastrophe, die die Welt gesehen hat.

Es ist daher dieser Weltkriegsgeneration, die danach kam, nicht hoch genug anzurechnen, dass ihre Vertreter einander nach 1945 die Hand reichten und den dauerhaften Frieden auf diesem Kontinent zum wichtigsten Ziel ihrer Bemühungen machten.

Wer die Lektionen des 20. Jahrhunderts ernst nimmt, der kann einfach nicht zulassen, dass die Wirtschaftskrise – wie schon einmal, in den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts – zu Massenarbeitslosigkeit, Perspektivenlosigkeit, Armut und nationalistischer Verhetzung führt. Das darf sich keinesfalls wiederholen!

Europa hat in der aktuellen Krise daher viel Energie, Zeit und Geld investiert, innerhalb wie außerhalb der Europäischen Union, gemeinsam mit Ländern, die nicht der EU angehören - denn ich sehe diese europäische Familie als eine gemeinsame Familie an. Es wurde genug an Ressourcen investiert, um in einem ersten Schritt das zu tun, was am dringlichsten war: Banken zu retten, Finanzkreisläufe zu stabilisieren und mit viel Energie, Zeit und Geld auch Volkswirtschaften zu unterstützen.

Ich möchte ausdrücklich hervorheben, dass ich es für richtig erachte, dass diese Maßnahmen seit 2008 Schritt für Schritt in diesem gemeinsamen Europa getroffen wurden.

Doch bin ich ebenso überzeugt, dass wir es dabei nicht bewenden lassen dürfen. Es ist nicht genug damit getan, wenn Banken und Finanzmärkte wieder über eine gewisse Stabilität verfügen. Die hohe Arbeitslosigkeit in Europa, besonders die Jugendarbeitslosigkeit, die in vielen Ländern dramatisch hoch ist, zeigen, dass die Krise nicht vorbei ist und damit auch die politische Herausforderung nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann – im Gegenteil!

Es darf nicht so etwas wie einen „Gewöhnungseffekt“ an Arbeitslosigkeit geben. In dieser schnelllebigen Zeit, in der Informationen unglaublich schnell transportiert werden, wo die Nachrichten einander ständig ablösen, darf man sich nicht daran gewöhnen, wie viele Menschen an der Armutsgrenze leben, nicht von der eigenen Arbeit leben können.

Besonders die Jugendarbeitslosigkeit muss ein Alarmsignal für dieses gemeinsame Europa sein – wie viele junge Menschen haben, weil sie keinen Arbeitsplatz finden, keine Chance, sich im wirtschaftlichen Leben zu verwirklichen, ihren Beitrag zu leisten, obwohl sie dazu bereit wären!

Die globalisierte Wirtschaft und noch mehr die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 haben uns gezeigt, dass es heute weniger denn je nationale Antworten auf die Herausforderungen der Welt gibt.

Ich bin überzeugt davon, dass uns jene in die Irre führen wollen, die uns erklären, dass nun das Zeitalter angebrochen sei, nur mehr auf nationale Antworten und Lösungskompetenz zu setzen. Dieselben benutzen auch soziale Missstände, um Menschen gegeneinander aufzuhetzen, anstatt gemeinsame internationale und europäische Antworten zu suchen.

Wir dürfen daher nicht lockerlassen, wenn es um die „Reparaturkosten“ nach der Krise geht. Auch wir in Österreich haben, gemeinsam mit vielen anderen Ländern - auch solchen, die hier vertreten sind -, die Idee der Steuer auf Finanztransaktionen unterstützt. Eine Finanztransaktionssteuer löst nicht das Problem der Arbeitslosigkeit in Europa, das wäre zu einfach - wer eine einzige Antwort zur Lösung aller Probleme hat, ist mir schon grundsätzlich verdächtig!

Aber diese Steuer ist notwendiger Teil eines Puzzles von Finanzierungsmaßnahmen, um für die durch die Wirtschaftskrise entstandenen Schäden aufzukommen. Diese Schäden machen viele Milliarden aus und haben enorme Ressourcen gebunden. Die Finanztransaktionssteuer bedeutet eine Mitfinanzierung für dringend notwendige Maßnahmen, wie z.B. eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen, das duale Ausbildungssystem und einiges mehr.

Wir müssen die Spekulation, die von Wetten auf den Zusammenbruch ganzer Volkswirtschaften profitiert, in ihre Schranken weisen.

Ich bin überzeugt, dass wir neues Wachstum und Arbeit in Europa brauchen. Denn nur das nötige qualitative und nachhaltige Wachstum, also ein Wachstum, das nicht einfach auf Kosten der nachfolgenden Generationen bzw. unserer Umwelt und Sozialstandards stattfindet, kann eine Basis für die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit von Wohlstand in Europa sein.

Wir dürfen jetzt nicht zulassen, dass die Falschen den höchsten Preis für die Krise zahlen, nämlich die Jungen.

Wir hoffen darauf, dass in ganz Europa eine ganze neue Generation junger Menschen sich mit ganzem Herzen zu den Zielen der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte, der Demokratie, der demokratischen Entwicklung bekennt. Dann muss aber die Gesellschaft auch stark genug sein, jungen Leuten die Gelegenheit zu geben, sich in ihr zu behaupten und ihren Platz zu finden.

Seit Beginn der Finanzkrise Anfang 2008 ist allein in der Europäischen Union die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen um mehr als 2 Millionen angestiegen, von 3,5 auf 5,7 Millionen, – um nur eine der besorgniserregenden Zahlen in diesem gemeinsamen Europa zu nennen.

Österreich ist der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit ein besonderes Anliegen. Wir sind froh, dass die Lage in unserem Land besser ist, doch auch wir sind unzufrieden über jeden einzelnen Arbeitslosen. Wir sind davon überzeugt, dass eine Antwort auf diese wichtige Herausforderung - Wachstum, Beschäftigung und Investitionen - nur in gemeinsamen europäischen Lösungen zu suchen und zu finden ist.

Die Solidarität endet nicht an den Grenzen der Nationalstaaten. Es darf uns nicht kalt und unberührt lassen, wenn die Hälfte aller jungen Leute in vielen Ländern Südeuropas keinen Arbeitsplatz hat!

Nicht alle sehen das so: Vor allem das, was man in der globalisierten Wirtschaft die Logik des Marktes nennt, nimmt oft keine Rücksicht darauf, ob der Wohlstand einzelner nicht mit dem Elend anderer bezahlt wird.

Auch dem Vormarsch von prekären Arbeitsverhältnissen gilt es kritisch entgegenzutreten.

Es ist klar, dass kein europäisches Land das im Alleingang bewältigen kann. Für mich ist daher selbstverständlich, dass bei all diesen Lösungen über die Grenzen zu denken und zu handeln ist.

Auch das gegenseitige Aufhetzen, dem sich einige politische Verantwortungsträger in Europa verschrieben haben, ist für mich eine verantwortungslose Vorgehensweise, der wir gemeinsam entgegentreten sollten. Es ist für uns eine historische Pflicht, uns all diesen Antidemokraten und Verhetzern entgegenzustellen.

Darum ist diese neue und künftige Herausforderung eine so wichtige, dringende und gemeinsame.

Wohlstand ist ohne Frieden und soziale Gerechtigkeit, ohne Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, also ohne unsere gemeinsamen Werte, nicht denkbar.

Dazu kann eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Ihnen, dem Europarat, und uns in der Europäischen Union viel beitragen, wenn wir uns auf die spezifischen Stärken dieser beiden Organisationen besinnen.

Über Jahrzehnte hinweg hat der Europarat in menschenrechtlichen und demokratiepolitischen Belangen eine Vorreiterrolle eingenommen. Ich bin überzeugt, dass dem Europarat, weil er weit über die Grenzen der EU hinausreicht, in diesen Aufgabenfeldern auch in Zukunft eine große Bedeutung zukommen wird.

Noch etwas anderes ist es mir ebenfalls wichtig anzumerken: Besonders in den Mittelpunkt gerückt ist zuletzt etwa die Diskriminierung von Homosexuellen in einigen Ländern, die Mitglied des Europarates sind. Ich halte ausdrücklich fest, dass diese rechtlichen und faktischen Diskriminierungen im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehen.

Es ist mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass der Boykott einer internationalen Sportveranstaltung aus meiner Sicht kein geeignetes Mittel ist, die berechtigten Anliegen von Menschenrechtsaktivisten zu unterstützen. Dies würde in erster Linie einen Schaden für den internationalen Sport bedeuten. Gerade aber in der Welt des Sports ist die früher bestehende Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung bereits bedeutend zurückgedrängt worden.

Die in den vergangenen Jahren in Angriff genommenen internen Reorganisationsmaßnahmen scheinen in die richtige Richtung zu gehen, um den Europarat in diesen und vielen anderen so wichtigen Aufgaben der Antidiskriminierung und der Menschenrechte zu stärken.

Ich kann Ihnen hier versichern, dass sich Österreich weiterhin konstruktiv in die Arbeit des Europarates einbringen wird. Was uns hier verbindet, ist das gemeinsame Bekenntnis zu Menschenrechten, zu sozialer Gerechtigkeit, zu Demokratie, zu Freiheit und zum Frieden.

Ich wünsche Ihrer Arbeit, unserer gemeinsamen Aufgabe, alles erdenklich Gute.

Anne BRASSEUR, Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

(Ansprache von Herrn Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich)

Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Frage von Herrn IWIǸSKI)

Wie ich bereits ausführen durfte, ist die Finanztransaktionssteuer für die Bewältigung der uns bevorstehenden Aufgaben sehr wichtig. Es gilt Maßnahmen zur Stärkung von Beschäftigung und Ausbildung zu finanzieren. Gerade für die Schaffung von Ausbildungseinrichtungen sind finanzielle Mittel notwendig.

Die Finanztransaktionssteuer ist ein gutes Beispiel dafür, wie die europäischen Finanzmärkte und der Finanzsektor ebenfalls einen Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe leisten können.

Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, dass es eine Reihe von Ländern innerhalb und natürlich auch außerhalb der Europäischen Union gibt, die diesen Gedanken deshalb nicht vorantreiben, weil sie der Meinung sind, dass uns daraus Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Teilen der Welt entstehen könnten.

Ich möchte aber darauf verweisen, dass wir uns in Europa in Fragen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Freiheit, der Umweltpolitik – also unserer Werte – ja auch nicht ausschließlich danach orientieren, ob sich daraus Wettbewerbsnachteile ergeben könnten. Es ist nicht die Frage, ob es ein Wettbewerbsnachteil wäre, wenn wir unsere Werte vertreten.

Deshalb bin ich der Ansicht, dass die Finanztransaktionssteuer durchaus ein richtig ist und von möglichst vielen europäischen Ländern eingeführt werden sollte, um zu dieser Finanzierung beizutragen.

Es gab eine Vielzahl von rechtlichen Bedenken, die mittlerweile von der Europäischen Kommission ausgeräumt wurden. Wir sollten diesen Weg, wenn man ihn gehen möchte und wenn er uns als Beitrag zur Bewältigung der Krise wichtig ist, erst einmal in diesen elf Ländern umsetzen – vielleicht auch als Vorbild für andere Länder in diesem gemeinsamen Europa.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Frage von Herrn AGRAMUNT)

Österreich ist nicht das einzige Land, das besondere Steigerungen bei Asylanträgen in Europa aufzuweisen hat, aber Österreich gehört zu den Ländern, die besonders viele Anträge zu bewältigen und bei jenen, die ein Asylrecht haben, dafür zu sorgen hatte, dass dieses Asylrecht auch ernst genommen und umgesetzt wird.

Ich bin der Meinung, dass die Europäische Union hier eine Aufgabe hat. Wir müssen gemeinsam an der Verteilung der Quoten von Asylbewerbern für einzelne Länder arbeiten – und dabei meine ich gar nicht Österreich oder Deutschland im Speziellen, sondern zum Beispiel Malta oder andere Länder in Südeuropa. Es gilt auch, jene, die in der Vergangenheit vielleicht weniger geleistet haben, aufzufordern, hier solidarisch vorzugehen. Denn das Asylrecht ist untrennbar mit der Frage der Menschenrechte und der Menschlichkeit verbunden.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die beste Politik darin besteht, zu verhindern, dass Menschen überhaupt in die Notwendigkeit kommen, fliehen zu müssen. Um eine Welt bauen zu können, die schnell genug für alle so gerecht und lebenswert wird, dass die Menschen nicht mehr aus ihrer Heimat fliehen müssen, wäre es notwendig, bei den Asylverfahren genauso wie bei der Bewältigung dieses Themas auf gemeinsame europäische Antworten zu drängen.

Konkret zum Asylverfahren insbesondere für syrische Flüchtlinge: Österreich hat sich Ende August 2013 bereiterklärt, 500 syrische Flüchtlinge abseits der laufenden Asylverfahren direkt aus den vom syrischen Bürgerkrieg betroffenen Krisenregionen aufzunehmen, d. h. sie aus Nachbarländern Syriens zu übernehmen und ihnen einen dauerhaften Schutzstatus zu gewähren: 250 Flüchtlinge über erweiterte Familienzusammenführungen – 170 von ihnen sind bereits in Österreich und ihr Asylverfahren wird in wenigen Wochen abgeschlossen sein – und 250 weitere Flüchtlinge im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms mit UNHCR. Die Durchführung dieses Programms läuft insbesondere seit Januar auf Hochtouren und der Abschluss hat in einigen Monaten zu erfolgen.

Ich bin überzeugt, dass es sich um eine Gemeinschaftsaufgabe handelt und dass wir diese Gemeinschaftsaufgabe auch sehr ernst nehmen sollten.

Vielen Dank für diese Frage.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Frage von Herrn PUSHKOV)

Österreich und die Europäische Union appellieren an beide Seiten in der Ukraine, die Gewalt einzustellen. Wir sind überzeugt davon, dass Lösungen nur im Dialog gefunden werden können.

Wir sollten aber auch jenen Menschen in der Ukraine, die sich für Menschenrechte, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzen, ein klares Signal geben, dass wir – und damit meine ich die gemeinsame Familie in Europa – hinter ihnen stehen.

Es schließt sich für mich nicht aus, dass die Europäische Union im positiven Sinne – und nicht negativ, wie Sie das hier formuliert haben – versucht, den Menschen in der Ukraine zu zeigen, dass die Wertehaltung, die wir vertreten und in unseren Ländern leben, auch die Menschen unterstützt, die diese Wertehaltung auch in anderen Ländern verstärken und implementieren möchten.

Ich begrüße in diesem Zusammenhang die Bemühungen des Europarates und auch des Generalsekretärs, der sich mit diesem Thema sehr beschäftigt und auch eine Art Vermittlerrolle ausgeübt hat. Ich bin überzeugt, dass eine Unterstützung und ein Dialog mit den Menschen, die näher zur Europäischen Union wollen, hier völlig richtig und gerechtfertigt sind.

Es gibt viele Menschen in der Ukraine, die auf die Unterstützung von Menschen in ganz Europa vertrauen, die dieselbe Werteskala und dieselben Werthaltungen haben.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Frage von Herrn XUCLÀ)

Das gemeinsame Eintreten für Menschenrechte, für Freiheit und freie Meinungsäußerung, sowie gegen jede Art von Diskriminierung ist das stärkste Argument und die stärkste Waffe gegen Aufhetzung, Rassismus und Hass. Darüber hinaus sind meiner Ansicht nach gewisse ökonomische Voraussetzungen notwendig.

Darum habe ich in der kurzen Zeit meiner Rede versucht besonders hervorzuheben, dass man Menschen, die sich politisch verschrieben haben, andere aufzuhetzen, aus meiner Sicht den Boden am besten durch eine bessere Zusammenarbeit in Sachen wirtschaftliche und soziale Standards entzieht. Nur durch ein gewisses Mindestmaß an wirtschaftlicher Kooperation und sozialen Standards in Europa kann Argumenten, mit denen andere Menschen aufgehetzt werden sollen, der Boden entzogen werden.

Es ist mir sehr wichtig, dass nicht der Hass die politische Diskussion und die Wahlergebnisse in einer Gesellschaft bestimmt. Es ist mir wichtig, dass im Gegenteil diese Werthaltungen bei Wahlen auch einen Grundkonsens erreichen und dass es dazu einen Grundkonsens in der Gesellschaft gibt. Deshalb bin ich so sehr davon überzeugt, dass dies nur in einer Verknüpfung von wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen und Standards gelingen kann.

Auf diese enge Verknüpfung lege ich deshalb so viel Wert, weil ich in vielen Ländern Europas sehe, dass gerade junge Leute oft von einer Gesellschaft enttäuscht sind, wenn sie dort keine Aufgabe für sich selbst sehen und wahrnehmen können und dass sie dann die falschen Feindbilder dafür heranziehen.

Darum sehe ich in dieser Versöhnung von Gegensätzen, genauer gesagt in dieser Versöhnung von ökonomischen Wettbewerbsinteressen einerseits, die wichtig sind für unsere Standortpolitik, und sozialen Standards andererseits die Antwort, auch im Kampf gegen Rassismus und im Kampf gegen jene, die versuchen, durch Hetze politisches Kleingeld zu machen.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Frage von Herrn KOX)

Es ist für uns, die wir die Sozialcharta immer sehr ernst genommen haben und soziale Standards in der europäischen und internationalen Politik immer in den Vordergrund gestellt haben, ein gemeinsamer Wunsch.

Die mit der Frau Präsidentin besprochenen Diskussionsprozesse zur Annäherung, zum Beitritt und zur gemeinsamen Vorgehensweise zwischen der Europäischen Union und dem Europarat gehören hier zu den zentralen Anliegen.

Ich bin davon überzeugt, dass man sich ganz offensiv diesen sozialen Fragen stellen muss, wenn man die Aufgaben der Zukunft bewältigen will.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Fragen von Herrn DíAZ TEJERA, GOZI und GERASHCHENKO)

Ich habe schon in Bezug auf die Ukraine versucht zu sagen, dass ich voll davon überzeugt bin, dass Sie, aber auch die Europäische Union – wobei der Europarat in unserer Familie doch weit über die Europäische Union hinausgeht – einen entscheidenden Beitrag dazu leisten können, dass es ohne Gewalt zu Lösungen kommt, die einem Land erlauben, selbst zu entscheiden, in welche Richtung es in Zukunft gehen möchte und welche Annäherung bzw. Nichtannäherung es auch zur Europäischen Union wagen möchte.

Diese Entscheidungen müssen in einem Land unbeeinflusst fallen können. Es muss jeder die Autonomie haben, die Wege gehen zu können, die er für gerechtfertigt hält. Das gehört zu der Wertehaltung, die wir gemeinsam vertreten, insbesondere wenn es um Rechtsstaatlichkeit, den Umgang mit politisch Andersdenkenden und politisch engagierten Menschen geht. Die Ukraine ist ein Beispiel hierfür. Unsere gemeinsame Werthaltung ruft uns hier auf, aktiver zu werden.

Auch die Frage, ob man in einem konkreten Bereich Sanktionen ergreift, ist eine Frage gemeinsamer politischer, aber auch klarer rechtsstaatlicher Aufgaben. Es wäre bedenklich, wenn ein Politiker einfach die Anweisung erteilen könnte, eine Sanktion zu verhängen. Dies kann nur auf dem Weg gemeinsamer Verhandlungen und Diskussionen in unserer Gemeinschaft und klarer rechtsstaatlicher Vorgehensweisen geschehen.

Ich möchte auch die Frage des Asyls, die noch einmal angesprochen wurde, nicht übergehen. Ich habe Malta als Beispiel genommen, aber man könnte genauso von Lampedusa oder anderen Orten sprechen. Es handelt sich um Orte, die zumeist am Meer liegen und wo Menschen mehr oder weniger organisiert ankommen, die fliehen, weil sie politisch verfolgt werden oder Angst haben, in ihrer Region nicht leben zu können.

Hier ist es notwendig, dass sich die Europäische Gemeinschaft darauf versteht, Grenzräume zu schützen. Damit ist der Schutz der gemeinsamen Außengrenzen genauso gemeint wie der gemeinsame Schutz von Menschenrechten. Zur gemeinsamen Bewältigung von derartigem Grenzschutz gehört, dass man gemeinsame Lösungen findet. Die Quotendiskussion habe ich nur als Beispiel genannt. Es kann nicht sein, dass ein Land mit der Bewältigung dieses Problems alleingelassen wird, so, wie es gerade der Fall in Lampedusa, Malta oder anderen Ländern ist. Es handelt sich um eine gemeinsame europäische Aufgabe.

Ich weiß, dass sich die Sitzungen, die es im Rat dazu gegeben hat, in diese Richtung entwickeln und dass auch Ihr Premierminister in diesem Bereich sehr engagiert ist und genauso wie andere italienische Politiker darin eine europäische Aufgabe sieht. Österreich ist ebenfalls daran interessiert, dass man nicht glaubt, Asylfragen national, eigenständig lösen zu können. Es geht nicht darum, dass sich jeder allein überlegt, wie er damit fertig werden kann, sondern es ist ein Thema, das nach gemeinsamer Politik, gemeinsamen Richtlinien und Solidarität verlangt.

Ich möchte als Drittes noch auf die politische Akzeptanz eingehen, die in der Wortmeldung deutlich zum Ausdruck gekommen ist und die mit Partizipation, mit direkter Demokratie und eben auch mit ökonomischen und sozialen Bedingungen zu tun hat.

Wenn sich jemand in der Bevölkerung über ungerechtfertigte Spekulation zum Beispiel mit Nahrungsmitteln oder in verschiedenen anderen Bereichen ärgert, die zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger und zum Vorteil einiger ganz weniger stattfindet oder wenn sich jemand über Steuerbetrug oder andere kriminelle Vorgänge in der Gesellschaft ärgert, dann macht er natürlich auch oft eine Regierung direkt dafür verantwortlich.

Als Regierungen haben wir die Aufgabe, zu sagen, dass wir viele dieser Fragen nur durch gemeinsame wirtschaftliche Aktivität, gemeinsame soziale Standards und gemeinsame Betrugsbekämpfung lösen können.

Es ist schwer, jungen Leuten zu erklären, warum einige in der Gesellschaft durch Spekulation vor, während und nach der Krise sehr gut verdienen und es nach der Krise noch immer nicht ausreichend strenge Regeln gibt, um diese Spekulation zu unterbinden. Auch hier ist die Gemeinschaft aufgerufen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um zu zeigen, dass die Demokratie und ihre gewählten Vertreter, dass Einrichtungen wie der Europarat, die Europäische Union und viele mehr, ihre Aufgabe in dieser Situation ernst nehmen.

Dies ist ein ganz wichtiger Beitrag zur Akzeptanz von etablierter Politik - zu viel Akzeptanz kann es sowieso nicht geben. Viele haben die Wirtschaftskrise zum Anlass genommen, die etablierte Politik zurückzuweisen und die Enttäuschung gegenüber Institutionen ist gestiegen. Ich bin überzeugt, dass das kein Naturgesetz ist, sondern es ist unsere Aufgabe, dieser Enttäuschung mit stärkeren gemeinsamen Antworten und stärkerer und konstruktiverer Kooperation entgegenzutreten.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Fragen von Herrn SHAI, DENEMEҪ und ARIEV)

Zur Ukraine und der Frage von Sanktionen habe ich bereits versucht, klar Stellung zu nehmen. Das Verhängen von Sanktionen muss eine Gemeinschaftsentscheidung sein, das sind rechtsstaatliche Vorgänge. So etwas kann nicht von einem Politiker angeordnet werden.

Zur Unterstützung einer konstruktiven und gewaltfreien Entwicklung in der Ukraine sind alle Maßnahmen auszuschöpfen, die die Gemeinschaft Europas für richtig und notwendig erachtet. Es bedarf der politischen Zusammenarbeit aller europäischen Länder, also nicht nur der EU-Mitgliedsstaaten. Man kann hier nicht im Alleingang vorgehen, das sind keine Einzelentscheidungen, die jemand treffen kann.

Es muss gemeinsam gehandelt werden, vor allem natürlich dann, wenn es um Sanktionen geht, so etwas betrifft rechtsstaatliche Fundamente.

Zum Iran und zur Verletzung von Menschenrechten möchte ich ganz klar sagen: Ich begrüße natürlich jeden Fortschritt, den es in Gesprächen gibt. Hier haben sich viele Staaten engagiert, um Fortschritte in den Gesprächen zu erreichen, doch wir sind noch lange nicht am Ziel.

Gerade, wenn es um eine Entwicklung hin zur Verhinderung von Atomwaffen geht, ist es notwendig, dass sich die Staatengemeinschaft klar gegen die Todesstrafe und für Menschenrechte ausspricht. Zwar begrüßen wir diese Bemühungen und Entwicklungen, doch wir dürfen sie nicht überschätzen. Ich glaube, dass wir hier einen gemeinsamen Standpunkt vertreten.

Zur Frage der Bildungsqualität und Sprachkompetenz: Wer sich in einem Land integrieren will, wer Kinder hat, die dort aufwachsen, muss über die nötige Sprachkompetenz verfügen. Es gibt hier ganz unterschiedliche Ansätze, wie man Sprachkompetenzen und Unterrichtsqualität verbessern kann. Österreich investiert hier sehr viel. Unser Außenminister war vorher in genau diesem Bereich tätig, dem der besonderen Förderung der Teilhabe an der Gesellschaft und der Vermittlung von Sprachkompetenzen. Das bedarf sowohl im traditionellen Bildungssystem als auch dem Bereich der Weiterbildung vieler Maßnahmen. Genau diese Sprachkompetenz gilt es nicht zu unterschätzen, sondern zu fördern.

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Fragen von Herrn BENEYTO, DIȘLI und JAKAVONIS)

Es gibt, wie Sie wissen, nur einen Standard, der allerdings immer gleich durchzuführen ist. Ich bin auch persönlich davon überzeugt, dass gerade in den zwischen Österreich und Litauen stattgefundenen Gesprächen hier vieles klargestellt werden konnte und dass durch die gemeinsame Erklärung der Justizminister vom 23.9.2011 Differenzen, die es in dieser Angelegenheit gegeben hat, ausgeräumt werden konnten.

Zu Syrien, und der Frage der Chemiewaffen, nachdem das sehr offen angesprochen wurde: Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie schwer auch die Europäische Union um ihre Position gerungen hat. Die Frage ist, wie kann man einen friedlichen Prozess in Syrien unterstützen, und wie können wir einen stärkeren Beitrag leisten, um die verheerenden sozialen und menschlichen Situationen zu mildern, auf die uns viele Organisationen aufmerksam machen?

Sie wissen selbst, wie viel hier für Flüchtlinge getan wurde und wie viel an Mitteln die EU dafür aufgewendet hat. Doch teile ich Ihre Besorgnis, dass trotz der vielen Hilfen die Gespräche für eine friedliche Lösung in Syrien nur sehr langsam und stockend vor sich gehen. Deshalb gibt es auch für mich keine andere Antwort als zu sagen: Es ist notwendig, dass sich der Europarat und die Europäische Union hier engagieren, nicht nur deshalb, weil wir damit viel menschliches Leid ersparen, sondern weil wir damit auch unserer Rolle als Vermittler gerecht werden können.

Ein Fragesteller hat gefragt, ob nicht Österreich hier auch eine stärkere Rolle spielen könnte. Ich bedanke mich für diese Frage. Einer meiner Vorgänger, Bruno Kreisky, hat in Zusammenarbeit mit der internationalen Staatengemeinschaft im Nahen Osten damals eine wichtige Rolle gespielt.

Auch ich glaube, dass das in den letzten Jahren und Jahrzehnten geschehene engere Zusammenwachsen in Europa, von Einrichtungen wie dem Europarat oder der Europäischen Union, eine gute Basis dafür wäre, sich auch in Syrien, im Nahen Osten und an anderen Konfliktherden noch stärker gemeinsam zu engagieren.

Ein besonders großes Vorhaben und ein großes Ziel wäre natürlich eine gemeinsame Außenpolitik. Selbst in der Europäischen Union gibt es noch nicht so etwas wie eine wirklich starke gemeinsame Außenpolitik, aber ich bin überzeugt, dass es in dieser Richtung positive Entwicklungen gegeben hat. Als österreichischer Bundeskanzler unterstütze ich das natürlich voll.

Außerdem möchte ich mich bei Ihnen und auch bei der Frau Präsidentin bedanken, dass heute auch so oft positive Worte für unseren Botschafter Lenkkh gefunden wurden, denen ich mich natürlich mit ganzem Herzen anschließe.

Judith OEHRI, Liechtenstein, ALDE / ADLE

(Fragen an Herrn Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich)

Herr Bundeskanzler!

Als Nachbarn von Österreich, insbesondere des Bundeslandes Vorarlberg, hören wir zunehmend kritische Stimmen in Bezug auf die Förderung von Gas im Bodenseeraum und der Verwendung der Technologie des Fracking. Die Bedenken werden vor allem in den möglichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt gesehen. Wie sehen Sie die Entwicklung bezgl. Fracking in Österreich und den umliegenden Staaten?

Werner FAYMANN, Bundeskanzler von Österreich

(Antwort auf die Fragen von Frau OEHRI und Herrn MORENO PALENQUES)

Es war mir sehr wichtig, hervorzuheben, dass die Kritik der Europakritiker dann stärker wird, wenn wir nicht in der Lage sind, gemeinsame Lösungen zu schaffen. Jemand, der nur etwas ablehnt, nimmt ja den bequemeren Standpunkt ein. Er wartet darauf, dass die EU und die Staatengemeinschaft etwas nicht bewältigt, das ist dann Wasser auf seine Mühlen und er muss nur noch den Protest bei sich einsammeln.

Das scheint mir wahrlich nicht die Entwicklung Europas zu fördern. Jene, denen die positive, konstruktive Entwicklung Europas etwas wert ist, kommen ideologisch von unterschiedlichen Seiten. Sie müssen doch alle übereinstimmen, dass wir, nachdem wir die so wichtige Bankenunion, die Finanzmarktregeln, die gemeinsamen Schutzschirme von Hunderten Milliarden Euros geschaffen haben, nicht stehenbleiben dürfen, wenn es an die Bewältigung von wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben geht, die genauso dringend sind.

Bei einer Rede von 15 – 20 Minuten kann man ja nicht alle wichtigen Themen anschneiden. Deshalb war es mir so wichtig, diesen Punkt so stark in den Vordergrund zu stellen und den Zusammenhang von gemeinsamen wirtschaftlichen und sozialen Lösungen aufzuzeigen.

Natürlich ist die Finanzmarkt- und die Bankenaufsicht wichtig, natürlich mussten Schutzschirme geschaffen werden, um zu verhindern, dass eine systemrelevante Bank kollabiert, denn in den 30-er Jahren hat sich ja gezeigt, was das auslöst. Doch müssen wir uns mit demselben Einsatz dafür stark machen, dass die Arbeitslosigkeit so vieler junger Menschen möglichst reduziert wird.

Daher danke ich auch für diese Frage.

Zu Liechtenstein und dem Schiefergas: In unserer Diskussion in Österreich gibt es große Skepsis zur Schiefergasförderung. Wir prüfen standortbezogen, ob die umweltpolitischen Voraussetzungen technologisch und von der Forschung her geschaffen sind und ob wir den Anforderungen, die wir für Grundwasser und andere Umweltbedingungen haben, vom Stand der Technik her gerecht werden. Das ist nicht der Fall.

Nun gibt es, wie oft in der Technologie, zwei Richtungen. Die einen sind der Meinung, dass die Voraussetzungen für die ökologische Nutzung von Schiefergas nie geschaffen sein werden. Die anderen stellen sich auf den Standpunkt, dass es eine Frage der Investitionen in Forschung und Entwicklung ist, wenn man den ökologischen Anforderungen der Schiefergasförderung gerecht werden will.

Europa befindet sich im Bereich der Energiepolitik in einer schwierigen Situation, denn wir benötigen den Industriestandort Europa und in der Industrie spielt günstige Energie natürlich eine Hauptrolle. Daher ist die Frage, ob Schiefergas umweltgerecht genutzt werden kann, sehr wichtig. Aber zur Stunde würden wir in Österreich bei den Standorten, die wir geprüft haben, zur Antwort kommen, dass das derzeit nicht möglich ist.

Wir haben hier also einen Gegensatz zwischen dem dringenden Wunsch, zusätzliche günstige Energie bereitzustellen, und dem heutigen Stand der Technologie, bei dem die Schiefergasnutzung aus unserer Sicht eben noch nicht möglich ist.

Ich nutze die Gelegenheit, mich bei allen Fragestellern, bei Ihnen allen und natürlich beim werten Präsidium, der Präsidentin, für diese sehr konstruktive Diskussion und die Gelegenheit, bei Ihnen zu sein herzlich zu bedanken.