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AS (2014) CR 11
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2014

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(2. Teil)

BERICHT

11. Sitzung

Montag, 07. April 2014, 15.00 Uhr

Ansprache von Herrn Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrter Herr Generalsekretär,

sehr geehrte Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung!

Ich freue mich, heute zum zweiten Mal bei Ihnen sein zu dürfen und über den österreichischen Vorsitz, unsere Prioritäten und Schwerpunktsetzungen zu berichten.

Als ich im Januar das erste Mal hier sein durfte, konnte ich einen Ausblick geben und Ihnen unsere Prioritäten skizzieren. Einige Monate später können wir nun durchaus stolz über einige Erfolge und Ergebnisse des österreichischen Vorsitzes sprechen.

Bevor ich auf unsere geplanten Schwerpunkte eingehe und Ihnen berichte, wie wir sie vorangetrieben haben, möchte ich zuerst auf die Ukraine eingehen, die ein keineswegs geplanter Schwerpunkt unserer Vorsitztätigkeit war, unseren Vorsitz aber selbstverständlich stark geprägt hat und dies weiterhin tut und die auch einiges Andere während unseres Vorsitzes überschattet.

Seit Januar hat sich die Lage in der Ukraine grundlegend geändert; es ist nicht nur eine große Herausforderung für die Ukraine, für die Menschen, die auf der Krim leben, sondern natürlich auch für alle internationalen Organisationen, insbesondere die OSZE und den Europarat.

Ich freue mich sehr, dass es seitens des Europarates einige Initiativen gegeben hat und darf Ihnen, Frau Präsidentin, herzlich dazu gratulieren.

Anfang März sind wir gemeinsam mit Generalsekretär Jagland in die Ukraine gereist, mit dem Ziel, der ukrainischen Regierung ein Unterstützungspaket anzubieten und ihre die Zustimmung dafür zu bekommen.

Die ukrainische Regierung hat nicht nur alle Vorschläge des Europarats angenommen, sondern viele davon mittlerweile bereits umgesetzt. So haben wir uns z.B. gemeinsam darauf geeinigt, ein Advisory Panel einzurichten, um die Untersuchung der auf dem Majdan begangenen Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen voranzutreiben. Es war nicht einfach, hier eine von allen Gruppen in der Ukraine akzeptierte Lösung zu finden, aber die m.E. sinnvolle Idee, dass diesem Panel je ein Vertreter der Opposition, der Regierung und des Europarats angehören, ist auf breite Unterstützung gestoßen.

Ich begrüße es, dass die Arbeit hier bereits aufgenommen werden kann, denn in den Gesprächen mit der Zivilbevölkerung haben sowohl der Generalsekretär als auch ich den Eindruck gewonnen, dass diese Geschehnisse für die ukrainische Bevölkerung, insbesondere die Einwohner Kiews, nach wie vor extrem präsent sind und dass das Vertrauen in die Politiker des Landes eingeschränkt ist. Ich bin froh, dass der Europarat als die Menschenrechtsorganisation schlechthin die Gelegenheit wahrnimmt, zur Aufklärung der Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen beizutragen.

Zum Zweiten haben wir Unterstützung bei der Reform der Verfassung angeboten. Auch hier hat bereits eine Arbeitsgruppe die Arbeit aufgenommen. Ich hoffe, die Unterstützung des Europarates ist dabei hilfreich, eine neue, funktionierende Verfassung für die Ukraine zu entwickeln.

Wir haben eine Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Qualität der ukrainischen Gesetze gestartet. Auch dieses Angebot wurde von der ukrainischen Regierung dankend angenommen.

Besonders hilfreich ist es, dass Minderheitenschutz-Experten in der Ukraine waren und sich ein Bild der Lage machen konnten. Sie stellten fest, dass es derzeit keine Gefährdung der Minderheiten in der Ukraine gibt. Die Beobachter konnten zwar nicht auf die Krim reisen, sprachen aber außerhalb der Krim mit Angehörigen von Krimtataren und wiesen darauf hin, dass deren Situation besorgniserregend ist.

Sich mit den Minderheiten in der gesamten Ukraine auseinanderzusetzen ist m.E. besonders wichtig, denn Russland führte ja nicht zuletzt die angeblich schlechte Situation der Minderheiten in der Ukraine stets als Argument für sein Handeln an.

Auch unser Vorschlag, die Venedig-Kommission anzurufen und eine Stellungnahme zum Krimreferendum einzuholen, wurde von der Ukraine angenommen. Diese Stellungnahme war eindeutig und sollte nach wie vor Grundlage unserer Entscheidungen und unseres Handelns in diesem Konflikt sein.

Das Ministerdelegiertenkomitee hat sich seit Ende des Jahres in allen Sitzungen stets mit der Ukraine beschäftigt, sich dazu geäußert und zahlreiche Beschlüsse gefasst. Zuletzt wurde am 20. März ein eindeutiger Appell an Russland gerichtet, um einen direkten Dialog mit der Ukraine aufzunehmen. Ich hoffe, dieser Appell geht nicht ins Leere.

Die Signale der letzten Tage, was die Gesprächsbereitschaft betrifft, sind durchaus positiv. Daher hielte ich es für sehr wichtig, die Möglichkeit zum Start einer internationalen Kontaktgruppe zu nutzen. Der deutsche Vorschlag dazu liegt ja bereits seit längerer Zeit auf dem Tisch. Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben; das Zeitfenster dafür wäre jetzt durchaus günstig.

Von der Ukraine nun zu den geplanten Schwerpunkten und Tätigkeiten des österreichischen Vorsitzes: Ich möchte nicht jede der unzähligen Veranstaltungen aufzählen, die bereits stattgefunden haben, sondern einige besonders erfolgreiche Punkte herausgreifen.

Zunächst möchte ich auf die gemeinsam mit der OSZE in Wien veranstaltete Konferenz „Not For Sale“ zum Kampf gegen den Menschenhandel eingehen, mit über 450 Teilnehmern sicherlich die größte mit der OSZE organisierte Konferenz zu diesem Thema. Besonders Herrn Generalsekretär Jagland darf ich hier herzlich für seine Teilnahme danken.

Es ist uns dort gelungen, eine erste Bilanz über die Lage in verschiedenen Ländern zu ziehen und Ideen zu generieren, wie wir im Kampf gegen den Menschenhandel unsere politischen Instrumente erweitern bzw. weiter nutzen können.

Ein zweiter Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist der Themenbereich Internet, Internet-Governance und Rechte im Internet. Auch hier hatten wir eine sehr erfolgreiche Konferenz in Graz, bei der viele konkrete Ideen für Maßnahmen bezüglich Standard-Setting im Internet erarbeitet wurden. Ziel ist es, den Schutz der Privatsphäre zu verstärken und gleichzeitig auf die Einhaltung von Menschenrechten im Internet zu pochen.

Die derzeitigen besorgniserregenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit halte ich für ein eindeutiges Signal, dass unser Schwerpunkt mit diesem Thema richtig gewählt war.

Zuletzt eine kurze Vorausschau: Wir haben noch für rund einen Monat den Vorsitz im Ministerkomitee inne und haben uns für diese Zeit noch viel vorgenommen.

- In Laxenburg bei Wien wird diese Woche eine Konferenz über die Bekämpfung der Korruption stattfinden.

- Für die Zeit unseres Vorsitzes haben wir uns das Ziel gesteckt, das Inkrafttreten der Istanbul-Konvention weiter voranzutreiben. Daher wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn einige der Länder, die noch nicht ratifiziert haben, dies in den nächsten Wochen tun könnten. Nachdem sich acht Länder bereits dazu bereiterklärt haben, sind zumindest noch zwei weitere nötig, um die notwendige Mindestzahl zu erreichen.

- In Wien finden am 5. Mai die Feierlichkeiten zum 65. Geburtstag des Europarates statt, am 6. Mai die Sitzung des Ministerkomitees - sicherlich ein Höhepunkt unserer Vorsitztätigkeit. Zu dieser Feier möchte ich Sie alle noch einmal herzlich einladen und hoffe, dass wir diesen 65. Geburtstag in Wien gebührend feiern können.

Mit 65 gehen viele Menschen nach einem langen Berufsleben in Pension, der Europarat dagegen ist definitiv nicht pensionsreif! Die Geschehnisse der letzten Monate haben uns wieder einmal vor Augen geführt, dass der Europarat nicht nur sehr wichtig ist, sondern dass es nach wie vor extrem viel für ihn zu tun gibt.

Ich glaube, es ist wichtig, eine paneuropäische Institution zu haben, die klare Werte vertritt, sich für den Schutz von Menschenrechten einsetzt und versucht, die Welt jeden Tag ein kleines Stück besser zu machen.

Im Namen des österreichischen Vorsitzes darf ich mich herzlich für die gute Zusammenarbeit mit der Parlamentarischen Versammlung und dem Generalsekretär des Europarats bedanken und freue mich, wenn wir im nächsten Monat unsere Akzente, die wir uns während unseres Vorsitzes vorgenommen haben, weiter vorantreiben können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Frau Anne BRASSEUR, Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Vielen Dank, Herr Minister.

Auch ich danke für die gute Zusammenarbeit, die wir selbstverständlich weiterführen werden - sicher auch über die Präsidentschaft Österreichs hinaus.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Frage von Frau MULIĆ)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete!

Ich darf Ihre Frage zu weiteren Ausrichtung der Ukraine und einer möglichen Neutralität beantworten.

Meiner Meinung nach sollte die Entscheidung, wie sich ein Land militärisch positioniert, ob es blockfrei oder neutral sein oder einem Militärbündnis angehören möchte, stets souverän von dem jeweiligen Land getroffen werden.

In der Ukraine findet derzeit eine intensive Debatte über die Ausrichtung des Landes statt. Einige drängen ganz klar in Richtung NATO; angesichts der russischen Truppen auf der Krim verspüren sie ein starkes Sicherheitsbedürfnis und sehen in der NATO wahrscheinlich eine schützende Hand.

Andere Kräfte in der Ukraine nehmen wahrscheinlich zu Recht an, dass ein potentieller NATO-Beitritt eine weitere Provokation in Richtung Russland darstellen bzw. von russischer Seite als solche aufgefasst würde, was womöglich die Situation noch verschlimmern würde.

Die Entscheidung darüber muss von der Ukraine selbst getroffen werden.

Was Österreich betrifft, so ist meine persönliche Meinung, dass wir mit unserer Neutralität in Österreich stets gut gefahren sind. Diskussionen darüber haben immer wieder stattgefunden, aber es gab in der Bevölkerung stets den klaren Willen, diese Neutralität beizubehalten.

Die Ukraine ist an die Republik Österreich bilateral herangetreten und hat uns gebeten, über unsere Ausformung der Neutralität Expertise beizusteuern und über das Pro und Contra und unsere rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren.

Dazu waren wir natürlich gern bereit. Einige Mitarbeiter meines Ressorts waren daher in der Ukraine, um diese Expertise zu liefern.

Hinsichtlich der Frage, wie die Entscheidung schlussendlich ausgehen wird, halte ich es für richtig, diese Entscheidung beim ukrainischen Volk zu belassen.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Frage von Herrn AGRAMUNT)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Ich kann Ihnen versichern, dass das Verfahren transparent abgelaufen ist und die Regeln befolgt wurden.

Ich habe volles Verständnis dafür, dass die Parlamentarische Versammlung ein Interesse daran hat, zwischen möglichst vielen Kandidatinnen und Kandidaten auswählen zu können. Es ist meiner Meinung nach auch die Aufgabe der Parlamentarischen Versammlung, hier die endgültige Entscheidung zu treffen.

Ich kann nur berichten, dass wir seitens des Vorsitzes uns genau an die 2010 ausgemachten Abkommen gehalten und uns bemüht haben, das Verfahren nicht nur ordentlich sondern auch möglichst transparent stattfinden zu lassen.

Das Hearing ist fair abgelaufen, alle Kandidaten hatten die Möglichkeit, sich gleich lang vorzustellen. Danach gab es, wie in den Regeln vorgesehen, eine geheime Abstimmung.

Die Ausgangssituation war also eindeutig: Wir konnten nur die Regeln befolgen, die im Jahr 2010 festgelegt wurden. Was den Ausgang der Abstimmung betrifft, so hat jedes Land, auch wir als Vorsitzender, die Möglichkeit, mit einer Stimme daran teilzuhaben. Der Ausgang dieser Abstimmung ist bekannt.

Wenn ich mir noch eine persönliche Bemerkung erlauben darf: Sie wissen, dass ich als Mitglied der EVP-Familie sicherlich kein Interesse daran habe, irgendeinen Kandidaten schlechter zu behandeln, ganz im Gegenteil. Wir hatten das klare Interesse, ihnen allen sowohl beim Hearing, als auch bei der Abstimmung die gleiche Chance und dieselben Möglichkeiten zu geben.

Die geheime Abstimmung ist eben so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Frage des Earl of DUNDEE)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Welche Möglichkeiten hat der Europarat, sich für die Demokratie einzusetzen?

Der Europarat hat zahlreiche Möglichkeiten, sich einzusetzen. Er hat unzählige Mitgliedsstaaten, die sich alle für gemeinsame Werte verpflichtet haben und bereit sind, diese Werte nicht nur zu respektieren, sondern sie hoffentlich auch Schritt für Schritt in ihrem jeweiligen Land umzusetzen und voranzutreiben.

Insbesondere die letzten Monate haben gezeigt, dass der Europarat die Menschenrechtsorganisationen schlechthin ist. Nicht umsonst greift man beispielsweise bei der Aufklärung der Verbrechen vom Majdan ganz bewusst auf die Expertise des Europarats zurück; der Europarat verfügt hier über eine Expertise wie kaum eine andere internationale Organisation.

Außerdem glaube ich, dass Institutionen und Gremien wie die Venedig-Kommission immer wieder eine gute Möglichkeit haben, eine Rechtsmeinung zu der einen oder anderen Sachfrage abzugeben, wie zuletzt zu den Rahmenbedingungen des Referendums auf der Krim.

Das alles sind kleine Schritte, die sicherlich nicht immer sofort umgesetzt werden und nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Aber sie sind stets eine Möglichkeit, eine objektive Meinung einzubringen, eine Diskussion darüber auch in diesem Gremium zuzulassen und somit in kleinen Schritten zu mehr Demokratie und Menschenrechten in Europa und darüber hinaus beizutragen.

Vielen Dank.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Frage von Herrn XUCLÀ)

Derzeit ist in der Ukraine die Verfassung aus dem Jahr 2004 in Kraft. Das wurde im Februar so entschieden. Selbstverständlich ist es notwendig, an einer neuen Verfassung zu arbeiten; hinsichtlich dieser Notwendigkeit gibt es m.E. einen breiten Konsens in der ukrainischen Bevölkerung und der ukrainischen Politik.

Die Gespräche, die Generalsekretär Jagland und ich mit Vertretern der ukrainischen Regierung hatten, haben eindeutig gezeigt, dass die Ukraine nicht nur daran interessiert ist, an dieser neuen Verfassung zu arbeiten, sondern dazu auch auf das Know-how des Europarats zurückgreifen möchte. Das finde ich sehr positiv.

Ich glaube, dass diese Verfassung auch eine gute Grundlage dafür ist, um in der Ukraine ein geeintes Zusammenleben zu ermöglichen, bei dem mit den unterschiedlichen Gruppen und Minderheiten im Land gut umgegangen wird. Sie wird sicher eine breite Basis in der ukrainischen Bevölkerung finden und ein gutes Fundament für die weitere politische Tätigkeit in der Ukraine sein.

Was die Präsidentschaftswahlen betrifft, so hoffe ich natürlich sehr darauf, dass diese ordentlich stattfinden können. Genau wie bei den Parlamentswahlen stellen sich hier natürlich viele Herausforderungen.

Die Krim ist ein besetztes Gebiet, gleichzeitig gibt es immer wieder Schwierigkeiten in der Ostukraine. Ich hoffe, dass von außen kein Einfluss genommen wird, um die Ukraine weiter zu destabilisieren, denn das hätte selbstverständlich negative Auswirkungen nicht nur auf die Parlamentswahlen, sondern auch auf die Präsidentschaftswahlen.

Ich hoffe, es ist möglich, die Verfassung schnellstmöglich zu erarbeiten. Es wird versucht, sie noch vor der Präsidentschaftswahl zu beenden und auch gleich in der ersten Lesung über die Bühne zu bringen. Die weiteren Schritte müssen dann natürlich im Herbst folgen.

Es ist absolut richtig, dass nun mit der Arbeit an dieser Verfassung begonnen wurde.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Frage von Herrn PETRENCO)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Die Meinungsfreiheit ist ein wichtiges Gut. Gerade in der letzten Zeit mussten wir immer wieder erleben, dass es nach wie vor absolut notwendig ist, sie zu schützen und voranzutreiben.

Wir haben in Moldau, aber auch in vielen anderen Regionen der Welt und nicht zuletzt im Konflikt in der Ukraine erlebt, dass es mittlerweile viele Konflikte gibt, in denen Information und teilweise auch Propaganda sehr zentral eingesetzt werden. Ich bin daher ein Verfechter von Medienvielfalt und einer ausgeprägten Meinungsfreiheit.

Ganz bewusst wählten wir als einen unserer Schwerpunkte während des österreichischen Vorsitzes das Thema Meinungsfreiheit und Schutz von Journalistinnen und Journalisten. Zu diesem Thema hat es auch Veranstaltungen gegeben und wir werden, solange wir den Vorsitz noch innehaben, d. h. noch rund einen Monat, weiterhin dazu beitragen, die Meinungsfreiheit voranzutreiben.

Festzuhalten ist auch, dass jedes Mitgliedsland aufgrund von Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet ist, das Recht auf Meinungsfreiheit einzuhalten. Dies darf kein theoretischer Grundsatz sein, sondern eine echte Verpflichtung, der jedes Mitgliedsland auch ordentlich nachkommen muss.

Meinungsfreiheit bezieht sich nicht nur auf die herkömmlichen Printmedien, Radio und Fernsehen, sondern mehr und mehr natürlich auch auf das Internet, wo mittlerweile gerade junge Menschen ihre Informationen suchen.

Daher werden wir den letzten Monat unseres Vorsitzes definitiv noch dazu nutzen, die Meinungsfreiheit voranzutreiben. Ich glaube, dass die Meinungsfreiheit auch in Zukunft ein zentrales Thema für den Europarat bleiben wird.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

Frage an Herrn Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

Herr Vorsitzender des Ministerkomitees!

Seit vielen Jahren bemüht man sich im Europarat um eine klarere Abgrenzung seiner Tätigkeit gegenüber anderen internationalen Organisationen, insbesondere der OSZE. Nun schickt sich der Europarat an, mit der Republik Kirgistan eine Partnerschaft für Demokratie einzugehen.

Kirgistan, fernab von Europa, ist Mitglied der OSZE, die über eine eigene Säule für Demokratie und Menschenrechte verfügt. Ist die Aktion Kirgistan aus Sicht des Ministerkomitees somit nicht eine unnötige Doppelspurigkeit?

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Fragen von Herrn REIMANN, Herrn HUSEYNOV und Frau DURRIEU)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Vielen Dank für Ihre Fragen. Ich darf mit der ersten Frage aus der Schweiz, beginnen, die sich auf die Abgrenzung zwischen Europarat und OSZE bezieht. Es ist m.E. notwendig, dass internationale Organisationen sich in gewissen Schwerpunkten organisieren, einbringen und spezialisieren. Der Europarat ist mit seiner Positionierung als die Menschenrechtsorganisation schlechthin hier auf einem guten Weg ist und auch in der Ukraine bereits gezeigt hat, dass es sehr wohl spezielle Aufgaben für den Europarat gibt, wo dieser mehr Expertise einbringen kann als andere Organisationen, und auf der anderen Seite wieder Aufgaben gibt für Organisationen wie die OSZE, weil diese da spezielle Möglichkeiten oder Know-How haben.

Was die Entscheidung zu Kirgistan betrifft, kann ich nur sagen, dass dies keine Entscheidung des Ministerkomitees ist, sondern eine souveräne Entscheidung der Generalversammlung, der Parlamentarischen Versammlung war. Daher konnte das Ministerkomitee hier weder einen Einfluss nehmen, noch wird er dies in Zukunft tun können.

Zur zweiten Frage zum Thema Kernkraftwerke in Armenien: Auch hier gibt es keine Position des Ministerkomitees; das Thema Atomkraft ist schon lange nicht im Ministerkomitee und auch im Ministerdelegiertenkomitee behandelt worden. Ich kann Ihnen aber die österreichische Position zur Atomkraft sagen: Ich glaube, wir sollten alle ein starkes Sicherheitsinteresse haben. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass die Atomkraft durchaus eine sehr gefährliche Form der Energiegewinnung sein kann. Wir haben uns in Österreich schon vor vielen Jahren bewusst gegen Atomkraftwerke in unserem Land entschieden und sind immer wieder besorgt, wenn wir Sicherheitsberichte über Atomkraftwerke in unserer unmittelbaren Nachbarschaft lesen müssen.

Daher habe ich tiefstes Verständnis für Ihre Sorge und kann Ihnen nur sagen, dass wir in Österreich gerne mit all jenen an einem Strang ziehen, die sich dafür einsetzen, stärker auf erneuerbare Energien zu setzen und dafür zu sorgen, dass wir mittel- bis langfristig hoffentlich ein Europa bekommen, das keine Atomenergie mehr verwendet.

Zur dritten Frage zum Twitter- und YouTube-Verbot in der Türkei: Wie bereits erwähnt, bin ich der festen Überzeugung, dass Meinungsfreiheit nicht nur in Printmedien, im Fernsehen und im Radio oder in der öffentlichen Diskussion eine Rolle spielen sollte, sondern auch im Internet, insbesondere in den neuen Medien. Gerade junge Menschen konsumieren die neuen Medien stärker als die althergebrachten. Twitter, Facebook und YouTube sind für sie nicht nur eine Möglichkeit, sich auszutauschen, sondern auch, an Informationen heranzukommen und sich ein Bild von der Welt zu machen.

Deshalb bin ich der Meinung, dass es absolut unangebracht ist, Twitter, Facebook, YouTube und andere neue Medien verbieten oder einschränken zu wollen. Man kann das Internet weder abschalten noch verbieten. Das ist auch gut so. jeder, der es mit der Meinungsfreiheit ernst nimmt, sollte diese nicht nur in den klassischen Medien vorantreiben, sondern auch in den neuen Medien.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Fragen von Herrn DÍAZ TEJERA, Herrn ARIEV und Herrn JENSSEN)

Sehr geehrte Herren Abgeordnete!

Nachdem alle drei Fragen die Ukraine betreffen, möchte ich meine Antwort zusammenfassend formulieren.

Es wurde angesprochen, dass diese Annexion nicht hingenommen werden kann und gefragt, was überhaupt dagegen getan werden kann. Das Budapester Memorandum wurde erwähnt und zuletzt auch, dass sich Russland nun schon zum zweiten Mal Gebiete angeeignet hat, die nicht russisch sind.

Der erste und wahrscheinlich wichtigste Schritt seitens der internationalen Gemeinschaft und der Staaten der Europäischen Union war es, nicht wegzusehen, sondern eine klare Haltung einzunehmen. Wenn Völkerrecht gebrochen wird, ist es entscheidend, eine Meinung zu haben und nicht wegzusehen.

Es war eine ganz wichtige Maßnahme der Staats- und Regierungschefs innerhalb der Europäischen Union, einen Dreistufenplan zu beschließen. Dadurch wurde der russischen Seite klar gezeigt, dass Völkerrechtsbruch nicht hingenommen wird und dass die Europäische Union auch bereit ist, hier entsprechend zu handeln.

Weiterhin war es richtig und gut, dass die internationalen Organisationen, die OSZE und der Europarat, von Anfang an tätig wurden und alle Möglichkeiten ausschöpften, um positiv auf diesen Konflikt einzuwirken.

Es ist wichtig, nicht nur eine Meinung zu haben, sondern zu versuchen, sie durch objektive Kontrollinstanzen zu prüfen. Diese Instanzen leisten einen Beitrag dazu, dass nicht mit Propaganda und Fehlinformationen gearbeitet wird.

Daher halte ich es für einen wichtigen Schritt, dass seitens des Europarates die Venedig-Kommission aktiv geworden ist und eine klare Einschätzung zum Referendum auf der Krim abgegeben hat. Die Kommission stellte fest, dass die Verfassung der Ukraine ein solches Referendum weder vorsieht noch ermöglicht, und prangerte auch ganz klar die Rahmenbedingungen für dieses Referendum an.

Die Europäische Union hat den Stufenplan nicht nur angekündigt, sondern ganz bewusst den nächsten Schritt auf Stufe zwei getan, als Russland keinen Beitrag zu einer Deeskalation leistete.

Die Frage, ob dies der Beginn einer zweiten Welle ist, in der versucht wird, nichtrussische Gebiete russisch zu machen, bleibt offen. Ich hoffe es nicht. Wir alle sahen mit Betroffenheit das Einmarschieren der russischen Soldaten auf der Krim und hoffen, dass die russischen Soldaten nicht weiterziehen.

Doch der Einmarsch von Soldaten nicht der einzige Weg, um ein Land zu destabilisieren. Es gibt auch andere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen und eine Destabilisierung zu erreichen, insbesondere in der Ostukraine.

Ich hoffe sehr, dass das Zeitfenster, das sich in den letzten Tagen aufgetan hat, genutzt wird, um Gespräche aufzunehmen.

Die OSZE-Mission und die Zustimmung Russlands dazu war ein erster richtiger Schritt, die Aufnahme von direkten Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland war ein zweiter. Auch der verstärkte Kontakt Russlands mit einigen westlichen Staaten kann als positives Signal gewertet werden.

Ich hoffe, jetzt ist der Moment gekommen, wo die schon vor Langem vorgeschlagene Kontaktgruppe eingesetzt wird, um eine friedliche Lösung voranzutreiben und die Ukraine zu stabilisieren.

Im Hinblick auf das Budapester Memorandum kann ich mich nur Ihrer Stellungnahme anschließen. Ich halte es für ein dramatisches Signal für die Abrüstung weltweit, dass das Budapester Memorandum zehn Jahre später anscheinend wertlos ist.

Fünf Staaten haben damals der Ukraine zugesichert, die Souveränität und Integrität des Landes zu wahren, wenn die Ukraine auf ihre Atomwaffen verzichten würde. Dies hat die Ukraine getan. Im Sinne der Internationalen Abrüstung war das richtig und sinnvoll.

Zehn Jahre später hat eines der Länder, das damals unterschrieben hat, Truppen auf ukrainisches Gebiet geschickt. Für mich ist es absolut nachvollziehbar, dass nun in der Ukraine kein Glaube an Verträge und Abmachungen mehr da ist.

Dennoch dürfen wir diese Aktionen der letzten Wochen und Monate nicht zum Anlass nehmen, uns nicht weiterhin für internationale Abrüstung einzusetzen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig war, damals die Atomwaffen aufzugeben, verstehe aber gleichzeitig auch, dass die Enttäuschung in der Ukraine heute umso größer ist.

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Fragen von Frau ZOHRABYAN, Frau PASHAYEVA und Herrn FRECON)

Sehr geehrter Damen und Herren Abgeordnete!

Ich darf mit der ersten Frage zu Syrien beginnen. Ich kann Ihnen nur klar sagen, dass der Schutz der Zivilbevölkerung, insbesondere der Schutz der Menschenrechte, natürlich unser aller primäres Interesse ist.

Ich glaube, dass alle Personengruppen geschützt werden müssen, unabhängig davon, welcher Ethnie sie angehören. Was den von Ihnen angesprochenen Fall betrifft, sollte jetzt die Aufklärung der Umstände im Mittelpunkt stehen, denn es ist ja nach wie vor nicht ganz geklärt, wie es zu diesen Menschenrechtsverletzungen gekommen ist und wer daran beteiligt war.

Was den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan betrifft, so haben Sie vollkommen Recht. Er dauert schon lange an und eine Lösung wäre längst überfällig. Ich bin froh, dass die Minsk-Gruppe nach wie vor an einer Lösung dieses Konflikts arbeitet.

Es ist durchaus als positives Signal zu werten, dass ein Treffen beider Präsidenten stattgefunden hat. Die Außenminister beider Länder sind in Kontakt und wir sind gerne bereit, im Anschluss an die Treffen in Wien auch weiterhin unseren Beitrag zu leisten und für solche Treffen zur Verfügung zu stehen. Ziel muss es sein, den Konflikt zu bald wie möglich aufzulösen.

Was die EU-Rechtsstaatlichkeitsinitiative betrifft, so ist mir bekannt, dass die Versammlung gegenüber dieser Initiative eine gewisse Skepsis hat. Das Ministerkomitee hat sich sehr sorgfältig mit dieser Frage befasst. Es ist wichtig, auf diesem Gebiet jegliche Zweigleisigkeiten zu verhindern. Trotzdem muss gesagt werden, dass eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit ja prinzipiell etwas Gutes und daher zu begrüßen ist.

Die Mitteilung geht davon aus, dass die Europäische Union die bestehende, anerkannte Expertise des Europarats, etwa auch der Venedig-Kommission, nutzen wird. Wenn das wirklich stattfindet, können wir diese Initiative durchaus positiv sehen. Ich würde dann nicht davon ausgehen, dass es hier zu einer doppelten Arbeit kommt, sondern davon, dass sich die Anstrengungen gegenseitig sehr gut ergänzen.

Vielen Dank.

Rainer GOPP, Liechtenstein, ALDE / ADLE

Frage an Herrn Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

Herr Minister!

Österreich hat als Tor zum Osten große Erfahrung in Sachen Migration und Integration. Früher sind Migranten in vielen Ländern im Alter in ihr ursprüngliches Heimatland zurückgekehrt. Heute ist es häufig nicht mehr so.

Dies stellt sicherlich auch Österreich vor neue Integrationsherausforderungen, z. B. im Bereich der Betreuung und Pflege im Alter. Hat Österreich bereits Maßnahmen lanciert, Lösungen angedacht? Wie sehen Sie dieses Thema für den Europarat?

Herr Sebastian KURZ, Österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Vorsitzender des Ministerkomitees

(Antwort auf die Fragen von Frau BLONDIN, Herrn GOPP und Herrn SHLEGEL)

Ich darf mit der ersten Frage zur Situation im Kosovo beginnen.

Es ist sehr wichtig, dass der Kosovo im Bereich der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit nicht nur europäische Standards haben, sondern auch von der Expertise, die es in diesem Bereich gibt, profitieren sollte.

Daher halte ich es für positiv, dass es in diesem Bereich eine Zusammenarbeit gibt, dass der Europarat auch unterstützend tätig ist und dass zahlreiche Aktivitäten zur Förderung von Menschenrechten und Demokratie im Kosovo durchgeführt werden.

Dank des direkten Kontakts war es möglich, in Bereichen wie dem Kampf gegen den Menschenhandel gemeinsam aktiv zu werden. Ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit noch weiter ausgebaut werden kann.

Nun zum Thema der Migration und Integration und den sich daraus ergebenden Herausforderungen für Österreich, das von Liechtenstein angesprochen wurde. Wir haben in Österreich mittlerweile rund 20 % Menschen mit Migrationshintergrund, wobei diese Menschen natürlich nicht gleichmäßig auf das gesamte Gebiet unseres Landes verteilt sind. Es gibt beispielsweise in Wien in den Volksschulen rund 60 % Kinder mit Migrationshintergrund. Sie sehen, dass insbesondere im urbanen Raum, aber auch bei Kindern und Jugendlichen die Prozentzahl von Menschen mit Migrationshintergrund wesentlich höher ist als bei älteren oder im ländlichen Raum lebenden Menschen.

Ich möchte festhalten, dass diese Vielfalt, die wir in Österreich und mittlerweile auch in anderen europäischen Ländern haben, alles andere als nur ein Problem oder eine Herausforderung ist, sondern dass auch ganz viele Chancen damit verbunden sind. Dennoch ist klar, dass wir uns dem Thema der Integration widmen müssen, denn Integration findet definitiv nicht von allein statt.

Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen erarbeitet, um Zuwanderer, sobald sie in Österreich ankommen, bestmöglich im Spracherwerb und im Einstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Regelungen geschaffen, um schon vor der Zuwanderung aus Drittstaaten Zuwanderer anzuhalten, die deutsche Sprache zu lernen und sich mit den in Österreich geltenden Regeln und Wertvorstellungen auseinanderzusetzen.

Abschließend zu diesem Punkt möchte ich auf die Frage eingehen, wie viel Prozent unserer Zuwanderer eigentlich als Flüchtlinge und wie viele auf anderen Wegen nach Österreich kommen. Wenn man über Zuwanderung, Migration, Flucht, allgemein über “Ausländer“ spricht, dann sind die meisten Menschen nach wie vor der Meinung, dass der Großteil derer, die nach Österreich kommen auf der Flucht sind.

Das Gegenteil ist der Fall: Rund zwei Drittel unserer Zuwanderer kommen aus der Europäischen Union, ein Drittel kommt aus Drittstaaten. Von den 130.000 bis 140.000 Menschen, die jedes Jahr nach Österreich kommen, sind nur etwa 10 % Personen Asylbewerber. Der Rest kommt als Migranten beziehungsweise im Rahmen der Niederlassungsfreiheit.

Zur dritten Frage, ob das Abkommen vom 21. Februar in der Ukraine weiter umgesetzt wird: Ja! Es ist auch wichtig, dass an vielen Punkten, die in diesem Abkommen vereinbart wurden, weiterhin gearbeitet wird.

So war zum Beispiel der zweite Punkt des Abkommens eine Verfassungsreform, die jetzt schrittweise vorangetrieben wird, wobei auch der Europarat einen Beitrag leisten kann.

Der dritte Punkt betraf ordentliche Präsidentschaftswahlen. Hier sind die OSZE und die Venedig-Kommission tätig, um zu gewährleisten, dass diese Präsidentschaftswahlen auch wirklich stattfinden können.

Der vierte Punkt war die Untersuchung der Gewaltakte vom Majdan. Auch hier ist der Europarat tätig geworden und leistet im Advisory Panel einen wichtigen Beitrag, um die Aufklärung dieser Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen voranzutreiben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es die drei Außenminister damals sinnvoll handelten, indem sie diese Punkte festschrieben, und dass es unser aller Aufgabe ist, einige dieser Punkte ordentlich voranzutreiben. Insbesondere die Aufklärung der Gewalttaten vom Majdan wird eine ganz wesentliche Rolle dabei spielen, dass die Bevölkerung wieder mehr Glauben an ihre politischen Verantwortungsträger und ihre politischen Institutionen entwickelt.

Ich hoffe, dass in all diesen Fragen der Europarat einen wesentlichen Beitrag leisten kann.

Ich darf mich noch einmal für die Zeit hier in der Versammlung bedanken und freue mich auf den letzten Monat des österreichischen Vorsitzes.

Vielen Dank.

Frau Anne BRASSEUR, Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Vielen Dank, Herr Minister. Sie haben am Applaus gehört, dass Ihre Antworten geschätzt wurden.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

Freie Debatte

Frau Präsidentin,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe mich effektiv aus aktuellem Anlass auf die Rednerliste setzen lassen; dieser Anlass war der zweitägige Staatsbesuch des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck letzte Woche in der Schweiz.

Dieser Staatsbesuch aus unserem nördlichen Nachbarland ist ein äußeres Zeichen für die guten und korrekten Beziehungen, die unsere beiden Länder miteinander verbinden, insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Doch der Gauck-Besuch deckte auch zwei Irrtümer auf, die selbst im angrenzenden Ausland über die Schweiz bestehen. Grund genug also, zu versuchen, sie hier zu korrigieren.

So äußerste sich Herr Gauck zum System der direkten Demokratie, wie wir sie in der Schweiz seit Jahrhunderten praktizieren. Im Gefolge der am 9. Februar vom Schweizer Volk angenommenen Zuwanderungsinitiative bemerkte er, diese Art von Demokratie könne auch Gefahren bergen, vor allem, wenn es über hoch komplexe Themen abzustimmen gilt.

Wir Schweizer, von links bis rechts, teilen solche Bedenken nicht. Ein Abstimmungskampf zieht sich bei uns über Wochen und in allen Medien hin, gedruckten und elektronischen aller Art, Leserbriefen, Inseraten, hunderten von Wahlveranstaltungen, kleinen wie großen, in Empfehlungen von NGOs, ja von der Regierung selber. Am Ende weiß jeder, der abstimmen geht, worum es sich handelt.

Dann sagte Präsident Gauck, er hoffe nicht, dass die Schweiz auf Distanz gehen wolle zu Europa.

Ja was ist denn Europa? Doch sicher nicht nur die EU! Für mich ist Europa primär der Europarat, und bei dem sind wir seit über 50 Jahren voll dabei! Sonst wäre auch ich heute nicht hier anwesend.

Europa ist auch die OSZE, an der wir ebenfalls voll beteiligt sind. Derzeit, in dieser äußerst unruhigen Epoche, haben wir gar den Vorsitz inne.

Europa, das sind auch Transitachsen – Straßen, Schienen, Starkstromleitungen etc. Da leisten wir aufgrund unserer zentralen geografischen Lage enorme Beiträge zur Kohärenz unseres Kontinents.

Abschließen möchte ich feststellen, dass sich die Schweiz zudem seit 500 Jahren völkerrechtlich der Neutralität verpflichtet hat.

Ein Neutraler auf der Weltbühne greift niemanden an, Kriege gehen nie von ihm aus.

Auch auf diese Vorbildfunktion der Schweiz hätte Herr Gauck ohne weiteres hinweisen dürfen, nicht zuletzt als deutscher Bundespräsident von heute!

Frau Anne BRASSEUR, Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Vielen Dank, Herr Reimann.