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AS (2016) CR 16
Addendum 1

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2016

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(2. Teil)

BERICHT

16. Sitzung

Donnerstag, 21. April 2016, 10.00 Uhr

NICHT MÜNDLICH GEHALTENE

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Rainer GOPP, Liechtenstein, ALDE / ADLE

(Dok. 14011)

Einen Bericht zu diesem Thema zu erstellen finde ich grundsätzlich gut. Ja, Frauen sind unterrepräsentiert in vielen Ländern – auch in meinem Land. Ja, es müssen Maßnahmen eingeleitet werden um Frauen zu fördern – nicht nur in der Politik, auch in der Wirtschaft!

Es scheint mir aber gefährlich, wenn in solchen Themen die unterschiedlichen Länder über einen Kamm geschoren werden. Die Rahmenbedingungen in Bezug auf die Verankerung der Frauen in öffentlichen Positionen sind sehr unterschiedlich.

Auch die prozentuale Verankerung ist vorsichtig zu betrachten. Wird bei Parlamentswahlen in Liechtenstein eine Frau weniger gewählt, bedeutet dies eine Verringerung von 4%. In Andorra sind dies 3.5%, in San Marino 1.7% und in Deutschland 0.16%.

In Liechtenstein ist heute leider noch festzustellen, dass viele Frauen die Doppel- und z.T. Dreifachbelastung – mit Familie, Beruf und Politik – für sich nicht sehen. Obwohl heute hervorragend ausgebildet, trauen sich auch viele Frauen ein solches Amt weniger zu, als dies Männer tun. Die Bereitschaft, in der Öffentlichkeit zu stehen ist bei uns leider oft auch ein Grund, nein zu sagen.

Kulturelle Unterschiede innerhalb unserer Länder mögen ebenfalls bestimmend sein, ob Frauen tatsächlich die Möglichkeit haben, sich im politischen Leben einzubringen. Hier finde ich den Ansatz im Bericht gut, diesen Aspekt prominent in Wahlbeobachtungen zu berücksichtigen und dies auch entsprechend zu dokumentieren.

Persönlich halte ich nichts von gesetzlichen Quoten oder gar von Sanktionierungen bei Nichterreichung. Somit ist es für mich fragwürdig, den Abschnitt „Quoten und weitere ähnliche Maßnahmen“ auf die Systeme aller unserer Länder anzuwenden. Vielmehr gefällt mir der Gedanke im Bericht, dass es eine wichtige Aufgabe der Parteien ist, Frauen effektiv zu fördern. Ich könnte mir hier quasi eine interne, freiwillige Quote vorstellen. Denn ich glaube nicht, dass in jenen Systemen, wo Frauen nur sehr schwierig gefunden werden bzw. zu motivieren sind, diese aufgrund einer Quote als Listenfüller herhalten wollen. Dies würde diesen Frauen mit Sicherheit nicht gerecht werden.

Ich bin vielmehr dafür, dass raffinierte und durchdachte flankierende Maßnahmen – jeweils adaptiert auf die Rahmenbedingungen im jeweiligen Land – gefunden werden. Dies sind für mich beispielsweise:

1) Bildungs- und andere Programme, die Frauen motivieren, solche spannenden Aufgaben zu übernehmen.

2) Aufklärung in den Medien und durch Parteien, welche Chancen – persönliche und berufliche – ein politisches Amt mitbringen kann.

3) In Ländern, die Milizsysteme kennen bzw. in denen die Politik ein Nebenberuf ist, sollte eine gute soziale Absicherung gewährleistet sein.

Und letztendlich

4) Müssen Maßnahmen getroffen werden, die die Vereinbarkeit von beruflichen Aufgaben und politischen Ämtern mit der Familie fördern – beispielsweise in der Organisation und zeitlichen Ansetzung von politischen Terminen.

Mechthild RAWERT, Deutschland, SOC

(Dok. 14011)

Sehr geehrter Herr Präsident,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Frau CENTEMERO!

Vielen Dank für den wegweisenden und wichtigen Bericht für eine bessere politische Vertretung von Frauen.

Als aktive Frau und Gleichstellungspolitikerin ist mir die paritätische Vertretung von Frauen in der Politik eine Herzensangelegenheit - für die ich mich seit vielen Jahren einsetze und für die ich weiter kämpfen werde.

Auch in Deutschland sind Frauen in den Parlamenten und in politischen Führungspositionen noch immer stark unterrepräsentiert. Aktuell liegt der Frauenanteil im Deutschen Bundestag bei 36%, in den Kommunalparlamenten sogar nur bei 25%. Bevor die ersten Parteien in den 80-er Jahren quotierte Listen aufstellten, lag der Frauenanteil im Deutschen Bundestag bei weniger als10 %!

Aus dieser Erfahrung heraus weiß ich – die Quote wirkt und sie ist nötig. Und ich weiß auch, die Widerstände gegen eine paritätische Vertretung von Frauen sind hoch. Aber der Kampf lohnt sich! Mittlerweile haben fast alle Parteien in ihren Satzungen Geschlechterquoten eingeführt. Das hat zu einer höheren Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten geführt. Aber auch in Deutschland sind wir noch weit entfernt von 50%.

Aber es muss sich auch die politische Kultur in den Parteien ändern. Sie müssen partizipativer und frauenfreundlicher werden. Frauen, die sich politisch einbringen möchten, müssen entsprechend ihren Bedürfnissen und Lebenslagen besser unterstützt und gefördert werden.

Das kann zum Beispiel durch Frauennetzwerke geschehen. Deswegen unterstütze ich sehr das Parlamentarische Netzwerk "Gewaltfreies Leben für Frauen" hier in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.

Gute Erfahrungen haben wir mit Mentoringprogrammen gemacht, die auf Empowerment von Frauen ausgerichtet sind.

Dazu gehört das Angebot von Gendertrainings für Vorstände.

Aber auch die partizipative Veranstaltungsformen und Methoden für die Parteisitzungen spielen eine wichtige Rolle, quotierte Redeliste bei Versammlungen und dass bei der Einladung von Experten konsequent darauf geachtet wird, dass Referentinnen eingeladen werden.

Um eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Politik zu ermöglichen, bedarf es Angebote für eine Kinderbetreuung. Um nur einige Punkte zu benennen.

Aus meiner politischen Erfahrung heraus weiß ich, dass freiwillige Selbstverpflichtungen für eine Erhöhung des Frauenanteils in der Politik nicht weiterhelfen. Denn der Kampf um eine paritätische Vertretung von Frauen ist auch ein Kampf um Macht.

Deswegen begrüße ich die Intention des Berichtes, für eine Parität bei der Aufstellung von Kandidierenden bei Wahlen. Denn das ist die effektivste Maßnahme für eine Erhöhung des Frauenanteils.

Wir Frauen wollen nicht nur die Hälfte vom Himmel, sondern die Hälfte der Welt!

Herzlichen Dank!

Gisela WURM, Österreich, SOC

(Dok. 14011)

• Im Ausschuss für Gleichstellung und Nichtdiskriminierung des Europarats wurde am 11. März 2016 eine Entschließung von großer Bedeutung beschlossen.

• Bedeutend ist der vorliegende Text deshalb, weil darin die gleichberechtigte Vertretung von Männern und Frauen in gewählten Organen und anderen Institutionen auf allen Ebenen als explizites politisches Vorhaben des Europarats formuliert wird.

• Im Jahr 2016 - so könnte man meinen - sollte das Ziel doch schon längst erreicht sein, doch leider sind wir noch immer weit davon entfernt. Schlimmer noch. Wir erleben in vielen Mitgliedsländern Rückschritte in der Repräsentanz von Frauen in politischen Gremien. Trotz aller politischen Vereinbarungen und gesetzlichen Verpflichtungen sind Frauen in der Politik noch immer massiv unterrepräsentiert. Der Bericht zeigt auf, dass in beinahe einem Drittel der Staaten nicht einmal einen Frauenanteil von 20 Prozent erreicht wird. Diese Entwicklung untergräbt den Anspruch auf Repräsentativität der politischen Systeme und verdeutlicht den Handlungsbedarf.

• Ich bin erfreut, dass nun auch die EVP erkennt, dass die effektivste Maßnahme zur Verbesserung der politischen Vertretung von Frauen gesetzliche Quoten sind (in Österreich sind die konservativen Parteien leider noch lange nicht soweit).

• Geht es nach der vorliegenden Entschließung, sollen Quoten in das jeweilige Wahlsystem angepasst werden. Auch die politischen Parteien sollen mittels gesetzlicher Bestimmungen angehalten werden, die gleiche Vertretung von Männern und Frauen zu gewährleisten. Bei Missachtung werden Sanktionen vorgeschlagen, die etwa die Ablehnung von KandidatInnenlisten, nach sich ziehen.

• Ich halte diese Maßnahmen für wichtige Schritte auf dem richtigen Weg. Wir brauchen mehr Frauen in der Politik! Wir brauchen echte Gleichstellung - und ich bin davon überzeugt, dass gesetzlich verankerte Quoten ein essentieller Beitrag dazu sind.

• In Zukunft werden sämtliche Mitgliedsstaaten des Europarats mit konkreten Maßnahmen dafür Sorge zu tragen haben, dass die politische Vertretung von Frauen verbessert wird.

• Uns geht es um die gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in gewählten Institutionen. Es geht uns um Gerechtigkeit - nicht um mehr und auch nicht um weniger.

Alina ZOTEA, Republik Moldau, ADLE / ALDE

(Dok. 14011)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

Sehr geehrter Herr Generalsekretär,

Sehr geehrte Frau stellvertretende Generalsekretärin,

Sehr geehrte Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung,

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Frauen bilden den Kern der Gesellschaft und müssen aus diesem Grund unterstützt und gefördert werden. 

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren” wird im Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vorgesehen, und im Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes der Republik Moldau wird wie folgt vorgeschrieben: „Die verfassungsrechtlichen Vorschriften über die Rechte und Freiheiten des Menschen werden gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, den Abstimmungen und sonstigen Rechtsakten, an denen sich die Republik Moldau beteiligt, interpretiert und angewandt”.

Somit ist das Parlament der Republik Moldau bereit, sich an der Anpassung und Änderung der Gesetzgebung zu beteiligen, damit die Rolle und Stellung der Frauen in den Staatsbehörden gestärkt werden. Einen ersten Schritt zur Gewährung der Chancengleichheit von Frauen und Männern stellte die am 14.04.2016 in letzter Lesung und mit 86 Stimmen pro durchgeführter Abstimmung über den Gesetzentwurf Nr. 180 in Bezug auf die Sicherung der Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie des Grundgesetzes der Republik Moldau dar, die das Grundrecht auf „gesetzliche Gleichheit ohne Unterschied nach Rasse, Nationalität, ethnischer Herkunft, Sprache, Religion, Geschlecht, Meinung, politischer Überzeugung, Vermögen oder sozialer Herkunft” festschreiben. 

Obwohl der oben genannte Gesetzentwurf  abgestimmt wurde, kann festgestellt werden, dass in der moldauischen Politik die Frauen auf der Entscheidungsfindungsebene mit 20% aller parlamentarischen Mandate vertreten sind, in der Regierung aus 21 Mitgliedern des Ministerkabinetts nur 5 Frauen sind, auf der lokalen Ebene nur 18,5% der Bürgermeistermandate die Frauen besitzen, aber in den Entscheidungsorganen im privaten Sektor und in der Zivilgesellschaft ist der Anteil der Frauenbeteiligung sowohl auf der lokalen als auch der nationalen Ebene viel niedriger als der der Männer.

Ich möchte meine Rede mit einem kurzen Einblick in die Zukunft, mit der Begründung der Notwendigkeit einer größeren Anzahl von Frauen in der Politik beenden:

• sie bilden einen beträchtlichen Anteil der Landesbevölkerung;

• sie sind in der Regierung wenig vertreten;

• sie verfügen über einmalige Lebenserfahrung: Erziehung, Gesundheitsschutz, Schutz der Alten, Gewalt in der Familie, Haushalt;

• sie sind fähig, Konflikte zu lösen;

• sie sind den Wählern gegenüber aufgeschlossen und können das Vertrauen der Wähler in die Politik wiederherstellen;

• sie fördern die Transparenz;

• sie zeigen weniger Toleranz der Korruption gegenüber;

• sie besitzen Führungskraft – beauftragen andere;

• sie unterstützen die Gleichberechtigung unter den Frauen;

• sie haben eine feste Haltung gegen Verbrechen und Kriege;

• die politischen Prioritäten der Frauen unterscheiden sich von denen der Männer.

Die Republik Moldau ist höchstens engagiert, die Geschlechtergleichheit zu unterstützen, wobei die notwendigen Strategie- und Initiativenmaßnahmen angewendet werden, die von der moldauischen Seite, sowie seitens der Europäischen Union unter Berücksichtigung der von unserem Staat unterzeichneten Abkommen erarbeitet wurden.