AL18CR16

AS (2018) CR 16
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2018

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(2. Teil)

BERICHT

16. Sitzung

Donnerstag, 26. April 2018, 10.00 Uhr

Frank SCHWABE, Deutschland, SOC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14540)

Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich glaube es ist wichtig, dass wir diese Debatte heute Morgen noch einmal führen, denn sie macht einerseits deutlich, dass wir in der Tat erste Konsequenzen ziehen und andererseits, dass wir – wie bereits betont – längst nicht am Ende des Aufarbeitungsprozesses sondern mittendrin sind.

Es gibt mittlerweile viel Kritik von außerhalb dieser Institution, von den Medien, auch in meinem eigenen Land, und diese Kritik ist gerechtfertigt und auch notwendig.

Angesichts der autoritären Entwicklungen, die wir in vielen Mitgliedsstaaten haben, angesichts der Einschränkung demokratischer Rechte, der Menschenrechte, angesichts der Infragestellung der Institutionen, ein Jahr bevor wir das 70-jährige Bestehen der Europäischen Menschenrechtskonvention feiern wollen, ist es umso notwendiger, dass wir diese Institution haben. Und das gilt es ganz selbstbewusst nach außen zu vertreten.

Es ist aber auch klar, dass wir nur dann eine Legitimation haben, Menschen zu helfen, wenn wir dafür sorgen, dass diese Institution sauber ist. Dieser Prozess ist schmerzhaft und nicht schön für die Beteiligten, aber er ist dringend notwendig.

Wir reden insbesondere über ein Land, das untersucht wird: Aserbaidschan. Es geht um diejenigen, die bestochen werden, aber auch um diejenigen, die bestechen und deswegen muss sich auch das Ministerkomitee mit diesen Fragen beschäftigen.

Ich möchte aber auch deutlich machen, dass es ist nicht nur um ein Land geht. Es gibt andere Länder, die im Bericht nicht besonders untersucht aber erwähnt wurden und die man sich in Zukunft näher anschauen muss.

Es gibt drei Dinge, die jetzt zu tun sind:

Erstens müssen wir in der Tat unsere Regeln, zum Beispiel die Regeln für Wahlbeobachtungsmissionen anpassen. Ich sehe immer mehr und immer wieder Kolleginnen und Kollegen aus Mitgliedstaaten in irgendwelchen Ländern irgendwelche komischen Wahlbeobachtungen machen; das kann aber nicht sein. Wenn sich jemand zur Legitimation von Wahlen hergibt, die eigentlich nicht zu legitimieren sind, dann kann er nicht Mitglied von Wahlbeobachtungsmissionen dieser Organisation sein.

Wir müssen uns mit der Whistleblower-Frage beschäftigen. Wir erstellen sehr viele Berichte über Whistleblower und wie man sie schützen kann, aber wir haben zu wenig Regeln, um Whistleblower in unserer eigenen Organisation zu schützen.

Wir müssen auch weiter darüber nachdenken, wie wir Entscheidungen bei uns transparenter machen können. Ich bin mittlerweile Mitglied des Präsidiums dieser Versammlung und als ich es nicht war, habe ich vielen der dort getroffenen Entscheidungen nicht nachvollziehen können. Ich glaube auch hier brauchen wir deutlich mehr Transparenz.

Lassen Sie mich zusammenfassen:

Erstens Regeln anpassen.

Zweitens, die Gruppen müssen Konsequenzen ziehen. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Europäische Volkspartei, Herr Daul und gerade eben Stella Kyriakides, deutlich gemacht haben, dass diejenigen in der Europäischen Volkspartei, die davon betroffen sind, Konsequenzen ziehen müssen. Aber nicht nur dort, denn es betrifft nicht nur eine Gruppe, sondern alle Gruppen und wenn man sich diesen Bericht anschaut, dann auch die sozialistische, jedenfalls in der Vergangenheit.

Drittens müssen die nationalen Parlamente handeln. Deswegen begrüße ich, dass es einen Änderungsantrag dahingehend gibt, die nationalen Parlamente und Regierungen aufzufordern, Konsequenzen zu ziehen und uns spätestens bis zum Ende des Jahres darüber zu berichten.

Letztendlich ist es eine Krise, aber auch eine Chance des Europarats, uns und unsere Werte zu erneuern. In einer schwierigen Welt ist diese Institution umso wichtiger. Millionen von Menschen brauchen uns. Lassen Sie uns gemeinsam stark sein und diese Institution erneuern.

Andreas NICK Deutschland, EPP/CD
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14540)

Thank you very much Mr President!

Dear colleagues!

Ich möchte gerne an das, was ich am Montag bereits in der Debatte gesagt habe, anknüpfen. Wir haben zwei zentrale Aufgaben, die wir wahrzunehmen haben – auf Basis dieses Berichts und der Kommission.

Wir müssen genau prüfen, wo wir Verfahren und Regeln unserer Versammlung und auch unserer Fraktionen so verändern müssen, dass wir ähnliches Fehlverhalten für die Zukunft weitgehend ausschließen können. Weiter müssen wir mit besonderer Dringlichkeit die individuellen Fälle, insbesondere von aktuellen Mitgliedern dieser Versammlung adressieren, die in diesem Bericht belastet werden.

Ich darf Frau De Sutter und dem Regelausschuss meinen herzlichen Dank dafür aussprechen, dass sie diese Woche in einer kurzen Frist einen – finde ich – hervorragenden Resolutionsentwurf vorgelegt haben. Dieser gibt uns die Möglichkeit, auch als parlamentarische Versammlung insgesamt, aus dieser Woche mit einer klaren Aussage und einer klaren Entscheidung herauszugehen, wie wir mit diesen Dingen auch nach vorne umgehen wollen.

Ich möchte zwei Dinge aus diesem Entwurf hervorheben.

Sie haben zum einen die Verantwortung der Fraktionen, der politischen Gruppen in dieser Versammlung hervorgehoben und ich darf diese Gelegenheit nutzen, um Stella Kyriakides sehr herzlich für ihr Engagement zu danken, denn sie war innerhalb kurzer Frist in dieser Woche bereit, die EVP-Fraktion durch diese wirklich schwierige Woche zu führen. Sie hat das mit Bravour gemacht und ich darf ihr dafür an dieser Stelle meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung aussprechen.

Frau De Sutter hat in ihrem Resolutionsentwurf zu Recht auch noch einmal die Verantwortung der nationalen Parlamente, der Parteien und Fraktionen in unseren Mitgliedsstaaten im Umgang mit belasteten Kolleginnen und Kollegen angesprochen. Auch das ist sinnvoll und richtig und ich bin froh, wenn wir mit dieser Resolution heute auch dort für die Versammlung insgesamt eine klare Aussage treffen.

Ich spreche, drittens, dem Präsidenten der Europäischen Volkspartei, Herrn Joseph Daul, meinen herzlichen Dank aus, der in dieser Woche mit großem Engagement auch in unserer Fraktion diese Themen begleitet hat. Mit einer nicht an Deutlichkeit zu überbietenden Klarheit – auch in einer öffentlichen Erklärung – hat er die Position der Europäischen Volkspartei noch einmal beschrieben und alle Mitgliedsparteien aufgefordert, ihre Mitglieder, die durch diesen Report belastet werden, unverzüglich zurückzuziehen oder zu suspendieren und die Verantwortung für die Erhöhung der Transparenz und die Wiederherstellung der Integrität aller Vertreter der Europäischen Volkspartei, die auch die Werte unserer Parteienfamilie repräsentieren, wahrzunehmen.

Nur so können wir einen Beitrag leisten, die Glaubwürdigkeit dieser Versammlung wiederherzustellen und ich bin froh, dass unser Präsident, Joseph Daul, noch einmal erklärt hat, dass die Europäische Volkspartei eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unethischem Verhalten, Korruption, Bestechlichkeit oder Interessenkonflikten hat. Es wird unsere Verantwortung sein, dies auch in der Fraktion der Europäischen Volkspartei in dieser Versammlung in aller Klarheit umzusetzen.

Herzlichen Dank.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14540)

Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das wird nun eine andere Rede als die meines Vorgängers.

Ich bin am Sonntag in einen Alptraum gestürzt worden. Ein Alptraum, in einem Bericht über Korruption aufzuscheinen, weil ich zu engagiert mit Menschenrechtsorganisationen, Menschenrechtsverteidigern, NGOs sowie Gefangenen und deren Angehörigen arbeite.

In diesem Bericht wurden meine Objektivität, meine Neutralität und meine Professionalität angezweifelt. Alle die mich als früherer Vorsitzender des Monitoring-Ausschusses kennen wissen, wie neutral und balanciert ich diesen Job gemacht habe. Dies habe ich ebenso als früherer Vorsitzender des Ausschusses für „Conflict between Memberstates“ getan.

Aber wenn man Berichterstatter zu einem Land wird, in dem die Rechtsstaatlichkeit gering und die Menschenrechte gering sind – man kann dies im letzten Bericht nachlesen, der hier mit einer Dreiviertel-Mehrheit von der Versammlung angenommen wurde –, in dem viel zu viele Menschen in Gefängnissen sitzen, dann muss man sich als Berichterstatter in besonderer Weise mit jenen in und außerhalb des Landes befassen, die sich genau um diese Menschen kümmern. Das sind durch schlimme NGO-Gesetze bedrängte NGOs und Menschenrechtsexperten und -expertinnen.

Und Ja, ich habe mit Menschrechtsexperten und -expertinnen zusammengearbeitet, die international geehrt wurden, auch von diesem Haus! Zum Beispiel Anar Mammadli, Arif Yunus und Leyla Yunusowa, Khadija Ismayilova.

Plötzlich scheint man in solch einem Bericht auf und stürzt in einen Alptraum, denn einen kleinen Punkt haben wir in der Konstruktion vergessen, nämlich dass auch Richtern Missverständnisse und Fehler unterlaufen können. Vielleicht hätte man eine Runde mehr gebraucht, denn nach solch einer Veröffentlichung muss man sich seine Ehre erst wieder zurückkämpfen, denn auch die wird missinterpretiert.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Gremien, die sich damit befasst haben, dass dieser Alptraum heute ein Ende gefunden hat und meine Ehre hier wiederhergestellt ist. Ich habe immer für die Untersuchung und für diese Einmaligkeit einer internationalen Organisation gekämpft, eine solche Untersuchung von außen durchzuführen.

Es ist wichtig und richtig, dass wir das getan haben und daraus die Konsequenzen ziehen. Persönlich aber bin ich eine Hölle durchlaufen. Als Berichterstatter aber werde ich nicht aufhören mich für die Schutzbedürftigen und die, die in Gefängnissen sitzen einzusetzen.

Danke.

Kestius MASIULIS, Litauen, EPP/CD PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14540)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Besten Dank an Frau De Sutter für ihre Arbeit. Meiner Meinung nach darf dieser Bericht nur der erste und nicht der letzte Schritt sein. Dies ist nur der Beginn der Jagd auf korrupte politische Tiere im Korruptionswald. Aserbaidschan ist meines Erachtens international und europaweit nicht das wichtigste Land in Sachen korrupter Politiker und Personen. Russlands Rolle wurde kaum angesprochen. Ist Russland denn ein sauberes Land, in dem keine korrumpierenden Mittel eingesetzt werden? Entschuldigung!

Wir haben den Ad-hoc-Ausschuss eingerichtet. Warum brauchen wir diesen Ausschuss? Um Russland zur Rückkehr zu bewegen, ohne Veränderungen der russischen Haltung hinsichtlich dessen was Russland in der Ukraine macht?

Ich glaube, dass die Menschen und Familien, die im Bericht genannt werden nur einige wenige sind. Früher meinte ich, dass, da ich aus einem Land in Osteuropa unter ehemaligen sowjetischen Einfluss komme, die Korruption ein Nachlass des sowjetischen Regimes sei. Aber nun sehe ich, dass diese Probleme in ganz Europa – bis Portugal zu finden sind und in älteren Ländern noch größer sind!

Wir haben das Selbstbewusstsein zu erkennen, dass dieses Problem sich bei uns durch alle Bereiche zieht, von der Medizin bis zur Politik. Tagtäglich müssen wir damit kämpfen. Bei uns machen wir das so.

Aber hier kommen Politiker aus den alten Ländern ganz einfach in die östlichen Länder und verkaufen sich billig.

Meiner Meinung nach ist noch viel zu tun, müssen noch viele Antworten gefunden und vieles verändert werden, bei Wahlbeobachtungen zum Beispiel.

Es ist doch nicht möglich in einem Land eine Wahl zu beobachten und gleichzeitig nicht zu bemerken, dass dort keine Pressefreiheit existiert. Ob nur formale Bedingungen in einem Prozess eingehalten werden, ist doch uninteressant. Oder wenn es keine Parteikonkurrenz gibt, auch das ist schwierig.

Wir müssen in verschiedenen Bereichen noch vieles ändern.

Danke.

Christoph WENAWESER, Liechtenstein, ALDE/ADLE
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 14540)

Danke Herr Vorsitzender!

Wenn wir im Umgang mit dem vorliegenden Bericht nur advokatisch argumentieren, dann werden wir die Menschen, die wir hier zu vertreten haben ein weiteres Mal und weiterhin nicht erreichen. Wenn wir Schuld im juristischen Sinne über politische Verantwortung und moralische Kriterien stellen, verlieren wir ein weiteres Stück Glaubwürdigkeit, von der es im Moment leider nicht mehr viel zu verlieren gibt.

Wenn wir alle im Bericht erwähnten Personen über eine Leiste scheren, werden wir den vollkommen unterschiedlichen Sachverhalten nicht gerecht. Wir täten grob Unrecht beispielsweise einen Kollegen Schennach für seine große Arbeit im gleichen Atemzug mit dem Versammlungsmitglied Agramunt zu nennen.

Wenn wir uns bei der Bereinigung dieser unerträglichen Situation zu sehr auf die jeweiligen nationalstaatlichen Parlamente und die Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten verlassen, dann gestehen wir uns endgültig ein, dass wir nicht über genügend Selbstreinigungskräfte verfügen.

Wenn das tatsächlich der Fall sein sollte, dann könnte ich nur hoffen, dass gewisse Mitglieder, die immer noch eine Syrienreise zu verantworten haben, der Parlamentarischen Versammlung aus Anstand endlich einen letzten Gefallen tun.

Danke.